MIT DER HARPUNE AUF DER JAGD

Jeder, der schon einmal im Roten Meer oder Pazifik unter Wasser war, kennt sie – die rot-weiss gestreiften Rotfeuerfische. Im westlichen Atlantik sind diese Fische seit einigen Jahren eine ernsthafte Bedrohung der Unterwasserwelt und werden von Tauchern sogar offiziell mit der Harpune getötet. Steht uns das auch im Mittelmeer bevor?

In den letzten Jahrzehnten haben sich vor allem zwei Rotfeuerfischarten (Pterois volitans und Pterois miles) in Regionen des westlichen Atlantiks ausgebreitet, in denen sie zuvor nicht vorgekommen sind. Vermutlich sind Mitte der 1980er ein paar Rotfeuerfische – ausversehen oder absichtlich – aus einem Aquarium in Florida in die „Freiheit“ gelangt. Anfangs breiteten sie sich langsam Richtung Norden bis Rhode Island entlang der Küste aus. Um das Jahr 2000 wurden die ersten Rotfeuerfische auf den Bermudas gesichtet, gefolgt von den Bahamas, den karibischen Inseln, dem Golf von Mexiko entlang über Mittelamerika bis nach Kolumbien, Venezuela und Brasilien.

Da natürliche Feinde in der neuen Umgebung fehlen, breiten sich diese Fische in einem rasanten Tempo aus. Bei gutem Nahrungsangebot werden sie innerhalb einem Jahr geschlechtsreif und können dann fast wöchentlich bis zu zwei Millionen Eier legen. Selbst wenn nur ein kleiner Bruchteil der jungen Rotfeuerfische überlebt, steigt so die Zahl der Tiere rasant an. Besonders Jungfische stehen auf ihrem Speiseplan, und Untersuchungen zeigen, dass Riffabschnitte innerhalb weniger Wochen wortwörtlich leergefressen werden. 

So haben sich die invasiven Rotfeuerfische zu einer sehr ernstzunehmenden Bedrohung für die gesamte Region des westlichen Atlantiks und der Karibik entwickelt. Einige einheimische Tierarten sind deshalb bereits gefährdet oder stehen regional vor dem Aussterben. 

Verschiedene Forschungseinrichtungen, wie Universitäten, das amerikanische Institut für Ozeanographie und Atmosphärenkunde (NOAA) und Meeresschutzorganisation wie REEF haben sich zusammengeschlossen, um mit gemeinsamen Aktionen die Rotfeuerfische zu bekämpfen. Aus der Not wurde eine Tugend gemacht, und das weitgehend verpönte Harpunieren durch Sporttaucher ermöglicht jetzt zumindest auf lokaler Ebene eine gewisse Reduzierung der Tiere. Eine Vielzahl von Fanganleitungen entstand so im Laufe der Jahre bis hin zu Kochbüchern, die zeigen, wie die Tiere kulinarisch verwertet werden können.

               

Um Rotfeuerfische außerhalb ihres natürlichen Lebensraums zu beobachten, müssen wir aber nicht über den Atlantik fliegen. Mit der Eröffnung des Sueskanals am 17. November 1869 schuf Ferdinand de Lesseps nicht nur einen Weg, der durch das Rote Meer Nordatlantik und Indischen Ozean verbindet, sondern auch eine Reisroute für viele Tiere und Pflanzen ins östliche Mittelmeer. Immer häufiger wird daher die Rotfeuerfischart P. miles entlang der Küste der Türkei und Zypern gesichtet. Welche Auswirkungen sie auf die dortige Unterwasserwelt hat, ist noch ungewiss. Die Erfahrungen aus dem westlichen Atlantik lassen aber nichts Gutes ahnen.

 

App MedMIS

Mit der App MedMIS (Mediterranean Marine Invasive Species) der Weltnaturschutzunion (IUCN) werden die Wanderungen von Neobioten im Mittelmeer beobachtet. Sie ist eine Plattform für alle Meeresinteressierten am und im Mittelmeer – vom Sporttaucher bis zum Wissenschaftler. Die App ist kostenlos im „App Store“ und „Google Play“ erhältlich. 

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