GEISTERNETZE

Ghost fishing – Bergen von Geisternetzen in der Ostsee


Hängen geblieben an Hindernissen am Meeresgrund – abgeschnitten, zurückgelassen oder verloren gegangen – jährlich werden Tausende Tonnen
Fischernetze weltweit in die Meere eingetragen – schätzungsweise mindestens 5.000 Netze allein in die Ostsee. Diese herrenlosen „Geisternetze“ werden oft zur tödlichen Falle für die Tierwelt im Wasser. Zerfallen zu Mikroplastik gelangen auch die Netze in die Nahrungskette. Längst versuchen Umweltschutzorganisationen auf das Problem aufmerksam zu machen und wenigstens einen Bruchteil der Netze zu bergen. Mit diesem Ziel ist 2019 auf der Ostseeinsel Rügen ein Stützpunkt des WWF und der GRD – Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. – eingerichtet worden.
Seit Juni 2019 ist die Tauchbasis Prora stellvertretend für die Ostsee in die weltweiten Bergungsaktionen einbezogen. Ende September 2019 besuchte Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die Arbeiten vor Saßnitz auf dem Bergungsschiff „Fritz Reuter“ und sagte Unterstützung zu. Weltweit sind es geschätzte 640.000 Tonnen Geisternetze, die nicht nur Fische, sondern Wale, Delphine, Schildkröten und andere Meeresbewohner oder auch Seevögel töten. Gegenwärtig gelingt es nur, einen geringen Teil der Netze zu bergen. Umso wichtiger ist es, auf diese Problematik aufmerksam zu machen und zu handeln.

Wolfgang Frank
Jahrgang 1958, ca. 5.500 Tauchgänge,
1981 erste Tauchgänge mit Sauerstoff-Kreislaufgerät (Wehrdienst NVA), 
1994 CMAS*-Tauchschein,
1997 Eröffnung Tauchbasis Prora,
Seit 2015 Durchführung technische Tauchausbildung,
2017 Pro Tec Tauchlehrer,
2019 Pro Rec Tec Tauchlehrer und CC Rebreather Diver


Unser Autor:
Heiko Pludra
TSV Gera e.V.
CMAS***, Trainer-C
Sachgebietsleiter Foto-Video im LV Thüringen e.V. 



Fünf Fragen an:
Wolfgang Frank

VDST-sporttaucher: Um welche Netze handelt es sich, und wo sind sie zu finden?
Wolfgang Frank: Vertreten ist die ganze Bandbreite der Fischernetze. Es beginnt mit einfachen Stellnetzen, die bei 20 bis 30 Meter Länge nur etwa fünf Kilo wiegen, hin zu über 100 Meter langen Netzen mit einem Gewicht von zirka 70 Kilo, es endet bei tonnenschweren Schleppnetzen, die zum Teil Ketten und Gewichte sowie Schwimmkugeln haben. Manche dieser Netze stammen sogar noch aus DDR-Zeiten. Sie liegen als Klumpen am glücklicherweise in der Ostsee oft weniger tiefen Grund, bewegen sich mit der Strömung oder haben sich bspw. an Wracks, wie dem Gaffelschoner „Harald“, verfangen und mussten von den Fischern abgeschnitten werden.

sporttaucher: Wer sind die Taucher, die versuchen, die Geisternetze zu bergen?
Wolfgang: Während der WWF hauptsächlich mit Berufs- und Bergungstauchern zusammenarbeitet ist die Idee von Organisationen wie der GRD, dass auch erfahrene Sport- oder technische Taucher sich in ihrer Freizeit an Ghost-fishing-Bergungsaktionen beteiligen können. Eine gemeinsame Bergungsaktion einer Gruppe niederländischer Taucher mit der Tauchbasis Prora war 2019 der Ausgangspunkt, um einen Stützpunkt auf der Insel Rügen einzurichten.

sporttaucher: Wie erfolgt die Bergung der Geisternetze?
Wolfgang: Zunächst ist es zeitaufwendig, aktiv nach Geisternetzen zu suchen. Darin besteht die Hauptarbeit. Ebenso helfen bekannte Wrackpositionen oder auch Aussagen von Fischern bei der Suche. Die GPS-Daten der Netze werden dokumentiert, um zu einem späteren Zeitpunkt gezielte Aktionen durchzuführen. Das birgt jedoch auch die Gefahr, dass bis dahin einige Geisternetze nicht mehr an Ort und Stelle sind. Je nach Größe ist das Bergen ganzer Netze oder nur Fetzen davon wenig kompliziert, oder es müssen größere Schiffe mit spezieller Technik eingesetzt werden.

sporttaucher: Wie werden solche Bergungsaktionen finanziert?
Wolfgang: Der überwiegende Teil der Aktionen ist spendenfinanziert. Namhafte Firmen und Privatpersonen unterstützen die Arbeiten. Dabei werden die Spenden bspw. für die ehrenamtlich tätigen Taucher der GRD nicht für Hotel- und Reisekosten verwendet, sondern direkt für den technischen Aufwand der Bergungen eingesetzt.

sporttaucher: Wer kann sich ehrenamtlich beteiligen?
Wolfgang:  Grundsätzlich kann sich jeder bei den Organisationen melden, um sich freiwillig an den Ghost-fishing-Aktionen zu beteiligen. Erfahrene Sporttaucher werden auf ihre Eignung bei einem „Netztraining“ überprüft und ihr Verhalten wird beim Schneiden der Netze oder in Gefahrensituationen – wie dem Hängenbleiben an einem Netz – trainiert.


Ein Gedanke zu „GEISTERNETZE

  • 29. Februar 2020 um 10:13
    Permalink

    Die Tauchereinsatzstaffel des Arbeiter Samariter Bund Regionalverband Kiel hat am Sonntag den 23. Januar 2020 ein Geisternetz am beliebten Kieler Tauchplatz Falkenstein entfernt.

    Relativ neu noch (eine bis zwei Wochen alt) aber gerade nodaher eine große Gefahr für Meereslebewesen und auch Taucher.

    In einer Tiefe von 3 bis 11 Metern standen etwa 250m Stellnetz in dem sich schon diverse tote Fische und auch Wasservögel befanden.

    Nach der Bergung kamen Freiwillige dazu um Krebse und Seesterne zu befreien und die Feuerwehr entsorgte am Ende die Reste.
    Auch die Wasserschutzpolizei interessierte sich sehr für den Fund.

    Mein Appell an die Sporttaucher:

    – Achtet auf Netzmarkierungen an euren Tauchplätze
    – Rechnet immer auch mit nicht markierten Netzen
    – Wenn Ihr ein unmarkiertes Netz findet, versucht keine eigene Bergung sondern meldet es

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