NAXOS

Naxos liegt zwischen Mykonos und Santorin, den beiden touristischen Highlights in de Ägäis. Wer überfüllte Strände, überhöhte Preise und überlaute Clubs liebt, ist auf diesen beiden Inseln gut aufgehoben. Wer es ruhiger angehen lassen möchte, wird sich auf Naxos wohl fühlen.


Steckbrief: Naxos
Wo:  Südliche Ägäis / Griechenland
Wann: Vor- und Nachsaison
Mondfischsaison: Juli bis Anfang November
Warum: Insel mit sanftem Tourismus, Basis mit ruhiger Hand
Besonderheiten: Im Juli / August am schönsten aber vermutlich voll attraktive Insel für die nichttauchende Begleitung
Kosten: Tauchgang mit Ausfahrt und Ausrüstung: 60.- Euro 
acht Tauchgänge 400,- Euro
Weitere Infos: www.bluefindivers.gr


Antike Stätten, kilometerlange Strände und ursprüngliche Bergdörfer: Naxos lebt von ihrer Mischung aus Urlaubsorten und ruhigen Dorfoasen im bergigen Hinterland. Also brauchen Tauchende kein schlechtes Gewissen wegen nichttauchender Familienmitglieder zu haben: die Insel hat viele Alternativen zu bieten. Der Hafen heißt ebenfalls Naxos, wird aber von den 18.000 Einwohnern liebevoll Chora (=Stadt) genannt. Erreicht man die Insel mit der Fähre, dann fällt schon früh der Blick auf ein imposantes, marmornes Tempeltor. Es gehörte zu einem nie vollendeten Tempel, der Apollo geweiht war. Der Blick schweift weiter zur Chora, deren mittelalterliche Altstadt sich um das auf dem Berg gelegene venezianische Castro herumzieht. Später wird man sich in den engen, schwer zu entwirrenden Gassen und auf vielen Treppen verirren, die zum Castro und der Kirche hinaufführen. Im Landesinneren warten zahlreiche, ursprüngliche Dörfer auf den Touristen, der sich für den Mietwagen oder das E-Bike entschieden hat. Und das ist das Besondere an der Insel: es gibt keinen Massentourismus. Es gibt keine Hochhäuser und nur einen Flughafen, auf dem zweimal am Tag kleine Propellermaschinen starten und landen.Wie das kommt? Naxos ist eine der wenigen Inseln, die wegen ihres Wasserreichtums auch im Sommer kein Wasser vom Festland benötigt. In den Wintermonaten fällt ausreichend Regen, der auch die Stauseen füllt. Wegen der blühenden Landwirtschaft geht es der Insel vergleichsweise gut, und die ländliche Bevölkerung sieht keinen Vorteil im high-end Tourismus. Im Gegensatz dazu will die Tourismusbranche und das Hotel- und Gaststättengewerbe den Tourismus weiter ausbauen. Und zwischen diesen beiden Fronten wollte Manolis Margaritis, der frühere Bürgermeister von Naxos und den kleinen Kykladen, ausgleichen. Er will keinen hastigen Tourismus. Keinen Großflughafen und keine Vergrößerung des Fährhafens. Andere Pläne sollen jedoch unterstützt werden. Besseres Straßennetz auf der Insel, aber auch Fußgängerzonen und Fahrradwege. Und in die Umwelt soll weiter investiert werden: es gibt bereits Windkraftanlagen und kleinere Solarpanel-Parks. Für die Müllentsorgung gibt es Verhandlungen mit benachbarten Inseln für eine zentrale Verbrennungsanlage, die z.B. auf Kreta stehen könnte. Was bietet Naxos dem passiven Urlauber? Vieles. Er kann sich erholen. Er kann sich seinen Lieblingsplatz an etwa zehn verschiedenen Stränden suchen. Beispielsweise am 3,7 Kilometer langen Plaka Beach oder am ein Kilimeter langen Strand vor Agios Prokopios. Er kann sich in der Chora oder an der Westküste in eine Taverne setzen und zusehen, wie die Sonne in prächtigen Farben hinter der gegenüberliegenden Insel Paros verschwindet. Den schönsten Untergang erlebt man oben in den Bergen von der Terrasse des Rotonda-Restaurants in der Nähe von Apiranthos. Auch ein passiver Urlauber muss Essen. Fast zu viele Tavernen ziehen sich durch die Chora und am Hafen entlang. Manchmal sind die ‘Einwinker‘ ein wenig zu aufdringlich. Zahlreiche Tavernen finden sich natürlich auch in Agia Anna und Agios Prokopios. Meine Tipps:  Die Taverna Perama liegt etwas oberhalb des Ortes und wird von Anna und ihrem heimische-Küche-kochenden Ehemann in angenehmer Atmosphäre geführt. Für den eiligen und weniger Anspruchsvollen ist Levto‘s Souflaki (nahe der Busstation) eine gute Adresse und ganz in der Nähe lohnt sich das Golden Beach Café für ein entspanntes Frühstück mit Seeblick. Darf es ein wenig festlicher werden, dann empfiehlt sich ein Dinner auf der wunderschönen Terrasse vom Hotel ‘Naxos Island‘. Und richtig Urlaubs-Griechisch ist es im Paradiso, in dem man auf dem Strand unter Pinien mit Stuhl und Tisch nahezu im Wasser sitzt. Wer doch ein wenig mobil ist, fährt etwa 15 Kilometer durch eine wunderschöne Berg- und Talstrecke nach Melanes und kehrt dort in der Taverne von ‘Georgis‘ ein: traditionelle griechische Küche. Anstatt aber nur im Restaurant zu essen, kann der Feinschmecker seine kulinarischen Fähigkeiten in einem traditionellen Dorf erweitern. Sobald die Gerichte nach einem halbtägigen praktischen Kochkurs zubereitet sind, werden die Früchte der Arbeit am Abend gemeinsam verzehrt. Was gibt es noch? Ein Festival. Jedes Jahr. In 2024 hat es die Nummer 23. Es findet im Kastro und auch im Art Café (Ag. Prokopios) statt und beinhaltet Musik, Kino, Tanz und mehr. Und fast alles immer im Freien. Für die Urlaubsunterhaltung ein guter Programmpunkt. Mit etwas Aktivismus geht auch mehr. Mit der Fähre eine Tagestour zu den umliegenden Inseln machen: die Kleinen Zykladen, Paros, Santorin oder Delos / Mykonos. Wenn es etwas mehr sein darf, dann ist die All-inclusive-Segeltour von Naxos zu den Kleinen Kykladen das Richtige. Im Angebot gibt es allerdings auch die All-Inclusive-Katamaran-Tagestour. Wer schnell seekrank wird, mietet sich ein E-Bike oder einen Wagen. Für die Fahrt von der Chora in den Norden lohnt es sich, die Badehose mit zu nehmen: Amitis Beach und Avraam Beach laden ein zu einer Badepause und einem Drink. Hoch im Norden lockt dann der kleine feine Naturhafen Apollona mit seinen traditionellen Tavernen. Die Route zur Ostküste führt nach Moutsouna. Die kleine Hafenstadt hat einen schönen Strand und interessante Tavernen. Und wer die ganze Insel gesehen haben will, findet im Süden das grünblaue und ruhige Wasser der Panormos-Bucht zum Schwimmen. Der historisch Interessierte kann sich leicht vorstellen, wie hier die Boote der Bewohner der alten Akropolis ankerten, die auf 2.500 Jahre vor Christus zurückdatiert. Wer nicht so viel für Strand und Schwimmen aber viel für Kultur übrig hat, auf den wartet einiges. Der Besuch der Tempeltors liefert einen schönen Blick auf die Inselhauptstadt und das sehenswerte Kastell (= Kastro) auf dem Hügel. Östlich der Chora kann man bei ruhigem Wasser am Grotta Beach die Grundrisse versunkener Häuser erkennen. Und dann gibt es die Kouroi. Das sind Marmor-Statuen von Männern. 10,50 Meter ist die von Dyonisos lang. Die Statue begann bereits vor ihrer Fertigstellung zu zerbrechen und so liegen 80 Tonnen brüchigen Marmors nun seit 2.500 Jahren in einem Hügel oberhalb von Apollonas. Zwei kleinere, ebenfalls unfertige Brüderchen liegen in der Nähe des Ortes Flerio. Richtig schön ist die fast Tempelruine für Demeter, die Göttin der Landwirtschaft auf einem Hügel inmitten einer weiten fruchtbaren Ebene. Sehenswert auch das in den Hügel hineingebaute moderne Museum.Vergeblich sucht man nach einem Tempel für Zeus, den Göttervater. Den alten Naxioten reichte es wohl, dass er auf der Insel geboren wurde. Und – wenn man ein Licht bei sich hat – dann lässt sich heute noch die Höhle bestaunen, in welcher das stattgefunden haben sollte. Sie erreicht man als Wanderer in der Nähe von Filoti. Aus einer viel späteren Zeit stammt die orthodoxe Kirche der Panagia Drossiani in der Nähe von Moni. Der Reiz der Kirche besteht darin, dass sie vier verschiedene architektonische Stile vereinigt, wobei ein Teil zu den ältesten Kirchen des Balkans zählt. Der Tourist des mittleren Aktivismus‘ kann diesen ganzen Kulturteil auch ohne viel Aufwand abarbeiten: Die Rundreise mit dem Bus dauert gut acht Stunden. Bei den etwa 30 Euro für das Ticket ist eine Flasche Wasser eingeschlossen. Reizvoll ist der Besuch der malerischen Dörfer, in denen sich das Spazierengehen lohnt. Am Wasser liegen Moutsouna und Lionas. Beide zum Schwimmen aber auch zum Fischessen gut: bei Dichti bzw. bei Dusenia. Zu empfehlen auch die beiden Bergdörfer Koronos und Apiranthos, welches gern als schöntes Dorf auf der ganzen Insel bezeichnet wird. Eines der ältesten Dörfer ist wohl Melanes. Wer bis dahin vorgedrungen ist, sollt in der Taverne von Giorgios vorbeischauen: feinste griechische Küche. Der Aktiv-Urlauber hat die Qual der Wahl. Schwimmen und Schnorcheln lässt sich bei Temperaturen von gut 22 Grad Celsius (Juni – Oktober) mehrfach ausüben. Wer unter der Oberfläche aktiv sein möchte, macht zwei Tauchgänge am Tag und genießt dabei die gute Sicht auf Fauna und Flora aber auch auf Wrack und Flugzeug. Der wenig tauchaffine Tourist kann sich bei bei einem Schnuppertauchgang unter geradezu idealen Bedingungen von den Schönheiten dieser Natursportart überzeugen lassen. Über Wasser lässt es sich bei teilweise heftigem Nordwind gut Surfen und Kite Surfen, und Anfänger können sich über größere Stehwasserbereiche freuen.Wer an Land bleiben möchte, wandert auf gut ausgeschilderten, nicht ganz anspruchslosen Strecken. Die Wanderführer beschreiben bis zu 33 Wanderweg- und Mountainbike-Routen. Bei nahezu allen sind tüchtig Höhenmeter zu überwinden. Der Zas (= Zeus) Berg ist 1001 Meter hoch. Wer gern unterwegs Naxos- Geschichte und Geschichten hören möchte folgt einem der kompetenten Wanderführer. Zum Beispiel Nicolas Lagiere, ein studierter Psychologe und brillanter Photograph über und unter Wasser. Wem schließlich das Reiten – am Strand entlang – Spaß macht, der ist beim Naxos Horse Riding Club gut aufgehoben.
Tauchen
Der moderne Tauchsport hat in Griechenland keine ganz lange Tradition. Die Archäologen hatten Angst, dass antike Artefakte gestohlen würden. Das war zum Teil berechtigt. Heute darf an nahezu allen Küsten getaucht werden; Ausnahmen bilden Küstenabschnitte mit großer historischer Vergangenheit. Unmittelbar nachdem die gesetzlichen Tauchverbote aufgehoben waren, wurde 2006 das Blue Fin Divers Center von Panos Niflis gegründet. Das heutige Resort in Agios Prokopios ist fünf Kilometer von der Chora und vier Kilometer vom beschaulichen Flughafen entfernt. Für Freunde des GPS: N 37° 04,453‘ und O 25° 21,123‘. Auf dieser Position liegt die Basis 50 Meter vom Ufer entfernt. Der Anfänger kann daher im Flachwasserbereich und über hellem Sandboden seine ersten Flossenschläge machen. Der Fortgeschrittene schwimmt 50 Meter weiter, und hat dann bereits eins von drei Booten erreicht, mit welchen zu einem der zwölf Tauchplätze gefahren wird. Die 320 PS des Neun-Meter Polyester-Boots bringen maximal zwölf Taucher oder Schnorchler vor Ort. Ein 7,5-Meter Schlauchboot mit 200 PS kann bis zu acht Taucher und die kleinere sechs-Meter Schwester mit 150 PS kann fünf Taucher sicher zum Ziel bringen. Da gibt es spannende UW-Felsformationen, Wracks und eine Höhle. Spektakulär ist mit etwa 30 Meter auch die Sicht. Und die Wassertemperatur liegt zwischen Juni und Oktober oberhalb von 22 Grad Celsius. Dennoch sind sieben Millimeter Neopren auch für den Baggerloch-gehärteten deutschen Taucher für 45-Minuten Tauchgänge nicht falsch. Wenn überhaupt, dann gibt es eine schwache Strömung. Dennoch hilft eine gewisse Sportlichkeit für den Sprung in das Schlauchboot. Was sieht der Taucher im ägäischen Meer? Die Arten- und Farbenvielfalt tropischer Meere sieht er nicht. Allerdings muß sich die naxiotische Fauna nicht verstecken. Ab und zu zieht eine Caretta caretta, die Mittelmeerschildkröte, über den Meeresboden, gibt es größere Kleinfischschwärme, und Barrakudas, die vereinzelt oder in größeren Gruppen um die Tauchgruppe kreisen. Und natürlich fauchen Muränen aus ihren Löchern heraus auf den Taucher. Die beiden leicht zu betauchenden Wracks zählen sicher zu den Höhepunkten. Das auf dem Kiel stehende, abgebrochene Heck der ‘Marianne‘ liegt maximal 25 Meter tief, und Teile des Bugs verteilen sich malerisch um das Riff, welches die ‘Marianne‘ vor etwa 40 Jahren zum Wrack machte. Die ‘Calypso‘ kann bereits ein 125-jähriges Wrackdasein feiern. Sie liegt in der Nähe des gleichnamigen Riffs auf 20 Meter und ist teilweise von Amphorenfeldern umgeben, die deutlich machen, wie gefährlich dieses Riff bereits in der Antike war.Ein taucherisches Highlight bildet mit Sicherheit ein Flugzeugwrack, welches erst 2007 gefunden wurde. Es handelt sich um ein 1943 abgeschossenen RAF Bristol Beaufighter. Dieses Flugzeug liegt in 33 Meter Tiefe so auf ebenem Sandgrund, als wolle es jeden Moment starten. Die Nullzeit ist zwar kurz, ermöglicht aber genügend Zeit für eine ausführliche Inspektion und zum Fotografieren.  Panos Niflis leitet die Basis mit ruhiger Hand seit mehr als 15 Jahren. Seine heutige Kompetenz stammt aus der Zeit, als er die Kalymnos School of Professional Diving absolviert und erfolgreich abgeschlossen hat. Gibt es außerhalb der Touristensaison Bedarf an Berufstauchern für Unterwasser-Bergungs- und Reparaturarbeiten, dann ist Panos dabei. Der schlankgebliebene Grieche ist zudem als IDC Staff-Instructor weit oben auf der Ausbilderleiter angekommen. Daher kann er zum DiveMaster ausbilden und Specialties wie Nitrox, Foto und Nachttauchen anbieten. Noch einige Worte zur Tauchbasis. Sie ist recht geräumig und enthält auch einen Shop: von der Maske, über den Atemregler zum T-Shirt. Abhängig von der Jahreszeit gibt es bis zu sechs erfahrene Tauchguides aus verschiedenen Ländern. Die gemeinsame Sprache ist zwar Englisch, aber man kann auch Deutsch, Französisch und Spanisch hören. Die Gelassenheit von Panos überträgt sich auf die Guides und damit auch auf die Tauchgäste. Das Umziehen geschieht in großer Ruhe, ebenso wie die Briefings vor und nach dem Tauchgang. Auch noch am Ende der Saison war die Ausrüstung in einem Super-Zustand. Für die nichttauchende Begleitung: Sie kann an der Blue-Fin-Diver-Bar Getränk und Häppchen zu sich nehmen oder an den vorgelagerten Strand bringen lassen. Die Begleitung kann aber auch Schwimmen oder Schnorcheln. Oder sie kann im Einzelfall auch am aktuellen Tauchplatz schwimmen oder Schnorcheln, solange der Tauchgang dauert. Auf meine Frage an die Tauchguides und Tauchkunden, warum sie sich für die Blue fin Divers auf Naxos entschieden haben, ist die Antwort ziemlich einstimmig: die Kompetenz und angenehme Stimmung auf der Basis, auf der Tour und während des Tauchgangs. Insgesamt ist es nicht überraschend, dass solch eine Basis von Stammgästen über mehrere Jahre hinweg besucht wird.

Prof. Dr. Jochen D. Schipke
ist seit Jahrzehnten ein begeisterter Taucher und als Autor vor allem auch mit wissenschaftlichen Artikeln akltiv.





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