DISABLED DIVER
Auf dem Weg zum „VDST-Tauchlehrer Disabled Diver“ trafen sich im April 15 Teilnehmer aus sechs Landesverbänden im Vereinsheim des Sport-Clubs Pinneberg zum ersten von zwei Modulen.
Erstmalig im Hohen Norden, da bisherige Ausbildungen zumeist durch den DUC Stommeln unter Obhut von Bernd Wald, Leiter des Ressorts „Tauchen mit Menschen mit Behinderungen“ im Fachbereich Ausbildung durchgeführt wurden. Mit Pinneberg existiert nun auch ein Ausbildungszentrum in Schleswig-Holstein, ein weiteres ist in Niedersachsen im Entstehen und auch für Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt gibt es bereits Interessensbekundungen.
Beginnend mit der obligatorischen Vorstellungsrunde und dem geplanten Ablauf stiegen wir mit dem Impulsvortrag „Tauchen mit Menschen mit Behinderung“ ins Thema ein. Dieser zeigte die Vielfältigkeit der möglichen Beeinträchtigungen und den sich daraus ergebenen Herausforderungen. Es schlossen sich Referate zu medizinischen Grundkenntnissen beziehungsweise. den taucherischen Besonderheiten bei Menschen mit Behinderungen an. Anschließend kamen unserer Probanden (Versuchs-, Testperson) ins Spiel. Auf Wunsch eines jungen Mannes aus deren Mitte, wurde der Begriff „Proband“ durch das Wort „Opfer“ substituiert. Nur um hier das Missverständnis Nr. 1 aus der Welt zu schaffen: „Opfer“ bedeutet in unserem Fall nicht, dass jemand als hilflos, schwach, beschädigt oder verletzt wahrgenommen wird, sondern als jemand, der seine Freizeit opfert und es uns so ermöglicht, die Besonderheiten beim Tauchen mit Menschen mit Beeinträchtigungen zu begreifen. Wie heißt es doch so schön: Grau ist alle Theorie, und als die freiwilligen „Opfer“ über sich und ihre Handicaps (komplette und inkomplette Querschnittslähmung, Blindheit, Amputation, Schlaganfall, spastische Lähmung) referierten, schienen die meisten Ausbilder langsam zu begreifen: Das hier ist alles außer gewöhnlich! Es schloss sich die Praxiseinheit in der Schwimmhalle an. Missverständnis Nr. 2 lag hier darin, dass unsere „Opfer“ trotz ihrer Selbständigkeit deutlich mehr Zeit benötigen und manches eben anders bewerkstelligen. Da es nun „Opfer“ auf der einen Seite gab, musste es natürlich auch „Täter“ auf der anderen Seite geben. Und die Teilnehmer taten ihr Bestes. Die anfänglichen Berührungsängste konnten schnell und unkompliziert minimiert werden und so hatten wir die Möglichkeit, gemeinsam zu üben und zu lernen. Dass wir die Schwimmbadzeiten dabei etwas überzogen, lag in erster Linie daran, dass wir, „Opfer“ und „Täter“ sehr viel Spaß im Becken hatten. Zurück im Vereinsheim konnten wir das Missverständnis Nr. 3 bis zum Abend ausräumen: Die meisten Hindernisse existieren eigentlich nur im Kopf! Zur Einstimmung am Sonntag wurden das Erlebte des Vortages kurz reflektiert. Es folgten Vorträge über spezielle Prothesen zur Ausübung des Wassersports, über bauliche Änderungen oder Anpassungen von Ausrüstungsgegenständen, über Versicherungsfragen, die Besonderheiten der DTSA-Ordnungen in Hinsicht auf die DD-Ausbildungsstufen, über die verschiedensten Behinderungen und mögliche Hilfen bei der Ausübung des Tauchsports. Das Thema „Wohlstandsbehinderungen“ mit den Inhalten Diabetes, Bluthochdruck, Adipositas, Alter, Medikamente sowie Rücken/Gelenke zeigte uns, wohin die Reise gehen wird und wie wir damit umgehen können. Abschließend erörterten wir die Inklusion von Menschen mit Behinderung in den Vereinen, die Ausbildung von Assistenten und Tauchlehrern sowie den finanziellen und materiellen Fördermöglichkeiten. Mit dem Ausblick auf das Modul 2 und einer Feedbackrunde endete die Veranstaltung am Nachmittag. Viele der Teilnehmer werden auch beim nächsten Modul Ende Juli dabei sein. Ach ja, Missverständnis Nr. 4: Für jeden gab es noch ein Doggy-Pack für die Heimreise. Da waren aber weder Hund noch Hundefutter drin…
VDST Ordnung: Tauchen mit Menschen mit Behinderung im VDST (Disabled Diving)
• Bestandteil der Ausbildung im VDST seit Ende der 1990er Jahre. Neustrukturierung und Aktualisierung ab 2020
• Eigenes Ressort im VDST-Fachbereich Ausbildung
• Aktualisierung und Integration Disabled Diving in DTSA-Ordnung
– Schnuppertauchen DD
– GDL Pool Diver DD / DTSA Grundtauchschein DD
– GDL Basic Diver DD / DTSA Basic DD
– GDL* Sports Diver DD / DTSA* DD
(CMAS Openwater Disabled Diver)
• Einführung:
– GDL Disabled Diver Assistent / SK Tauchbegleiter DD
(CMAS Disabled Diver Assistant)
– GDL Disabled Diver Instructor / VDST Tauchlehrer DD
(CMAS Instructor DD)
Strukturierung in Modul I (Schwimmbad) und Modul II (Freiwasser)
Schaffung von Ausbildungszentren
• News:
– Die CMAS spricht aktuell von „SPECIAL NEEDS DIVER“ statt
„ Disabled Diver“.
IN EIGENER SACHE
• Vor längerem führte der Tauchsportverband Nordrhein-Westfalen eine Umfrage unter anderem zum Thema „Angebote für Zielgruppen“ durch. Dabei ging man auch der Frage nach, welche Vereine Angebote für Menschen mit Behinderung machen. Ich möchte das Ganze nicht nur auf NRW begrenzen, sondern alle Involvierten bundesweit auffordern, uns ihre jeweiligen Angebote und eventuell auch ihre Erfahrungen beziehungsweise Herausforderungen damit mitzuteilen.
• Weiterhin suchen wir Betroffene, Involvierte und Institutionen, um uns mit ihnen über Hilfsmittel, Equipment und Sonderanfertigungen austauschen zu können.
• Auch wenn man glaubt, dass der Begriff Ressource etwas mit dem Wort Ressort zu tun hat und dort genügend davon vorrätig ist (Missverständnis Nr. 5), benötigen wir zum Aufbau der nächsten Ausbildungszentren weitere Unterstützung. Ziel ist es, in jedem Bundesland ein Ausbildungszentrum etablieren zu können.
Fragen, Rückmeldungen, Hinweise bitte an:
Bernd Wald
Ressortleiter „Tauchen mit Menschen mit Behinderung“ im VDST bernd.wald@vdst.de
Unser Autor:
Hendrik Lehmann
VDST TL2