TROCKEN GEFALLEN

Schicksalhaftes Wrack wird zweimal untersucht – unter Wasser und an Land



Der Autor hat an diesem Wrack rund ein Dutzend Tauchgänge absolviert. Die Instabilität zeigte sich schon bei den ersten Tauchgängen.

Im Januar 2019 berichten die Medien von einem historischen Schiffswrack, das während eines Sturms an das Ufer der Insel Rügen gespült wurde. Passanten sind begeistert, Archäologen erschüttert. 

Bedenkliches Wiedersehen 
Bei dem Gerüst aus massiven Eichenspanten handelt es sich um einen alten Bekannten. Das „Golfballwrack“ dient seit einigen Jahren zur Ausbildung unter anderem des VDST-Spezialkurses „Denkmalgerechtes Tauchen“. Plötzlich macht dieses alte Wrack wieder Schlagzeilen. 2016 beauftragt das zuständige Landesamt ein Team ehrenamtlicher Unterwasserarchäologen mit der Dokumentation. Einen Sommer lang vermessen, zeichnen und fotografieren sie das etwa 25 Meter lange und bis sieben Meter breite Rumpffragment. Schnell entwickelt sich das „Golfballwrack“ – der Projektname geht auf einen Golfball in einer Nagelbohrung zurück – zum beliebten Ausbildungsobjekt. Der nahe Hafen Glowe, eine geschützte Lage unter Land und die anfängerfreundliche Arbeitstiefe von nur knapp vier Metern bieten optimale Bedingungen. 

Leidenschaftlicher Einsatz
Im Winter geht die Spurensuche weiter. Eine Holzuntersuchung (Dendrochronologie) hat ein Untergangsdatum um die Mitte des 19. Jahrhunderts ergeben. Archivrecherchen lassen schließlich die Vermutung zu, es mit einem Plattbodenschiff vom Typ Kuff oder Galiot zu tun zu haben. Sicherungsmaßnahmen sollen das Kulturdenkmal vor dem weiteren Verfall bewahren. Noch im Dezember 2018 finden hier Tauchgänge statt – bevor der tonnenschwere Eichenholz-Koloss an den Strand geworfen wird. 


Markante Bauteile des erneut gestrandeten Wracks, wie die massiven Wegerungen wurden bereits 2016 in einer Detailzeichnung festgehalten


Die Behörde übernimmt
Was passiert nun mit dem Wrack? Wir fragen beim Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern nach. 


Unser Autor:
Elmar Klemm
Unterwasserarchäologe, Redaktionsleitung Archäologie 








Fünf Fragen an:
Dr. Jens Auer
Dezernent für UW-Bodendenkmalpflege 

VDST-sporttaucher: Herr Dr. Auer, wie beurteilt das Landesamt diesen Vorfall? 
Dr. Jens Auer: Das Beispiel zeigt sehr gut, wie begrenzt die Möglichkeiten sind, Unterwasserdenkmale im Flachwasserbereich gegen die Naturgewalten zu schützen. Die Kräfte, die bei Stürmen in der Ostsee wirken, können auch große Wrackteile zerschlagen und vertreiben. Deshalb ist es gut, dass der Landesverband den ursprünglichen Zustand dokumentiert hat.

sporttaucher: Können eventuell noch weitere Erkenntnisse gewonnen werden?
Dr. Auer: Wir haben das Wrack an Land nach dem derzeitigen Stand der Technik fotogrammetrisch dokumentiert. Außerdem wurden Dendroproben entnommen.

sporttaucher: Was passiert weiter?
Dr. Auer:  Die untere Denkmalschutzbehörde, die für den Vollzug des Denkmalschutzgesetzes zuständig ist, hat uns mitgeteilt, dass sie prüft, welche Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des Denkmals geeignet und erforderlich sind.

sporttaucher: Ist die Einlagerung in einem Unterwasser-Depot denkbar?
Dr. Auer:  Wir haben empfohlen, die Schiffsteile an Ort und Stelle soweit im Boden zu vergraben, dass sie in wasserführenden Sedimenten liegen.

sporttaucher: Wie sind die Sicherungsarbeiten im Brandungsbereich zu beurteilen, die an diesem Wrack ja in den letzten Jahren intensiv durchgeführt wurden?
Dr. Jens Auer:  Die ’Verbolzung’ von Hölzern, wie sie an dem Wrack vorgenommen wurde, hält den Naturgewalten offensichtlich nicht stand, jedenfalls nicht im Brandungsbereich. Hier müssen also andere Sicherungsstrategien zur Anwendung kommen, zum Beispiel eine Abdeckung mit Sandsäcken oder Geotextil zum Schutz der Hölzer und beschwerendem Material, wie Steinen. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass auch das keine absolut sichere Lösung ist.




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert