VOLL IM BILD

Vollgesichtsmasken bieten nicht nur einen ungetrübten Blick nach außen, sondern auch ein angenehmeres Atmen und, man glaubt es kaum, sichereres Tauchen. Der VDSTsporttaucher hat sich mit einem VDST-Ausbilder in Sachen VGM unterhalten und die dringensten Fragen unserer Mitglieder weitergereicht.


Eine kurze Vorgeschichte sei erlaubt oder sogar nötig, denn der Autor ist seit Jahren bekennender Verfechter vom Tauchen mit Vollgesichtsmaske oder, wie es manchmal auch heißt, Vollmasken. Das Tauchen mit Vollgesichtsmaske ist also nichts Neues. Sie werden sowohl im Sporttauchbereich wie insbesondere auch im beruflich-taucherischen Umfeld seit Jahrzehnten genutzt. Aber weil der VDST seit einigen Monaten einen »SK Vollmaske« im Portfolio des Fachbereichs »Umwelt und Wissenschaft« hat, haben wir den aktiven VDST-Trainer und Vollmasken-Experten Christian Piechmann gebeten, die wichtigsten Fragen unserer Mitglieder zum Tauchen mit Vollmaske zu beantworten – natürlich weil wir hoffen, dass dann umso mehr Sporttaucher auch den Umgang mit der Vollmaske in unserem Verband erlernen wollen. Dabei ist es uns wichtig zu zeigen, dass das Atmen unter Wasser über eine IDM (Integrierten Tauchmaske / Diving Mask) das für uns Menschen Natürlichere ist und auch zur Sicherheit beim Tauchen beiträgt. Als Mensch kommen wir als Nasenatmer zur Welt und, einige von uns erinnern sich eventuell noch daran, müssen sich beim ersten Tauchkurs erstmal an das Atem durch ein Mundstück gewöhnen. Mit einer Vollmaske ist das nicht nötig, da man durch Nase oder Mund atmen kann. Noch bedeutender aber ist der Sicherheitsaspekt. Die Unfallstatistiken zeigen, dass nach Tauchunfällen viele Verunfallte noch genug Luft in der Flasche gehabt hätten, um den Tauchgang sicher zu beenden, sie aber irgendwann während des Tauchgangs den Kontakt zu ihrem Atemregler verloren haben. Das kann mit einer Vollmaske bei richtiger Anwendung nicht passieren. Auch ohne Bewusstsein kann ein Verunfallter weiter atmen, sofern der Zustand dies zulässt. 

Selbstverständlich braucht er dann immer noch einen Tauchpartner, der ihn an die Oberfläche bringt, aber die Diskussion um der Handhabung eines „verlorenen“ Atemreglers ist dann gegenstandslos. Hinzu kommt, dass durch die Nasen-Atmung die Atemluft physiologisch angefeuchtet und angewärmt wird. Vollgesichtsmasken verhindern das Auskühlen durch die kalte Atemluft, die über einen Atemregler tief in unsere Lunge kommt und das Austrocknen der Schleimhäute in unseren unteren Atemwegen stark reduzieren. Noch ein weiterer Punkt zum Thema Sicherheit: Beim Tauchen begeben wir uns in ein anderes Medium und verlassen uns auf technische Ausrüstung und unsere Ausbildung. Aber wir verzichten auf eine für uns Menschen sehr wichtige Gabe: die Möglichkeit zu kommunizieren und gegebenenfalls, um Hilfe zu rufen. Uns bleiben nur ein paar Handzeichen oder Lichtzeichen, die aber nur soweit gehen, wie wir uns sehen können. Eine Vollgesichtsmaske kann auch mit einer Ultraschall-Sprecheinrichtung ausgerüstet werden, da wir den Mund ja zum Sprechen frei haben. Damit kann sowohl der Kontakt zum Tauchpartner oder zur Oberfläche gehalten werden. Wie mit jedem Ausrüstungsgegenstand empfehlen wir regelmäßige Übung, um sich beim Tauchen sicher zu fühlen. Der VDST bietet dazu ab diesen Sommer einen Spezialkurs „Vollmaske“ an. So viel vorweg. Und jetzt zu den Fragen, die uns in der Redaktion erreichen oder die mir gestellt werden, wenn ich mit meiner Vollgesichtsmaske an Tauchbasen auftauche.

Dietmar Fuchs


Wow, das sieht ja cool aus, aber wie machst du damit eine Wechselatmung?

Seien wir ehrlich, das Thema echte Wechselatmung haben wir schon lange aus unserer Ausbildung verbannt. Aber natürlich ist die Empfehlung ganz klar, dass jeder Taucher, zusätzlich zu seiner Vollgesichtsmaske, einen herkömmlichen Backup-Atemregler und eine Backup-Halbmaske trägt. Dieser steht sowohl dem Tauchpartner, aber bei richtiger Konfiguration auch der eigenen Person zur Verfügung. Den Wechsel von der Vollmaske zum Backupsystem mit Halbmaske ist ein zentraler Bestandteil der Ausbildung und wird, wie das normale Ausblasen einer Halbmaske, schnell zur Routine. Zusätzlich kann zum Beispiel die Ocean Reef Vollgesichtsmaske mit einer Schnellkupplung ausgerüstet werden, die es ermöglicht, eine Maske unter Wasser an- und abzukoppeln – zum Beispiel beim Sidemount-Tauchen. Eine zusätzliche Schnellkupplung im Oktopusschlauch könnte dann auch die Vollgesichtsmaske des Tauchpartners versorgen, ohne dass er sie abnehmen muss.

Und wenn dir jemand die Maske runterreißt, was dann?

Im Gegensatz zur Halbmaske wird die Vollmaske mit einer 5-Punkt Maskenspinne am Kopf getragen. Der Verlust der Maske ist daher wesentlich unwahrscheinlicher als bei der Halbmaske. Sollte es dennoch passieren, kann man eine Vollmaske mit etwas Übung unter Wasser auch einfach wieder aufsetzen. Das Absetzen und wieder Aufsetzen und Ausblasen der VM wird ebenfalls im Rahmen der Ausbildung trainiert und kann auf verschiedenste Weise erfolgen. In der Ausbildung bekommt der Nutzer verschiedene Methoden gezeigt um eine Vollmaske auszublasen und kann sich die für ihn angenehmste Methode in Ruhe antrainieren. Aber, wie gesagt, es dürfte ziemlich unwahrscheinlich sein, dass einem die Maske versehentlich vom Kopf gezogen wird. Im Gegenteil, es ist eigentlich erstmal schwierig, Wasser hinein zu bekommen. Der Dichtrand sitzt mit einer großen Auflagefläche rund um das Gesicht und die schwierig abzudichtende Stelle unter der Nase ist gar nicht betroffen. Hinzu kommt, dass in der Maske mit jedem Atemzug ein Druckausgleich mit der Umgebung stattfindet, also kein relativer Unterdruck Wasser in die Maske hineinziehen möchte. Entsteht eine Undichtigkeit, indem man beispielsweise einen Finger in den Dichtrand schiebt, so blubbert eher Luft ab, die aber vom Atemregler nachgesteuert wird. Somit kommt kein oder kaum Wasser herein. Entsprechende Übungen werden in jedem Vollgesichtsmasken-Kurs gemacht. 

Und wenn der Atemregler in der Maske doch mal versagt oder die erste Stufe vereist und abbläst?

Natürlich kann jedes technische Gerät, das von uns Menschen gebaut wurde, ein Problem bekommen. Es ist jedoch viel wahrscheinlicher, dass Probleme in der ersten Stufe auftreten, wo hohe Strömungsgeschindigkeiten und extrem kleine Bohrungen sind. In unserer zweiten Stufe, die in die Maske integriert ist, herrschen diese Bedingungen nicht und alles ist nahezu gesichtswarm. Mit der richtigen Konfiguration und einem Backupsystem ist der Wechsel auf die Halbmaske und den Zweitregler jedoch kein Problem. Das Absetzen der Vollgesichtsmaske geht dann mit einem Griff und der Wechsel auf den Atemregler und eine Halbmaske ist, nach einem soliden Training,  Routine.

Was machst du, wenn die Maske beschlägt?

Nahezu alle Vollmasken haben ein Antibeschlag-System. Durch die Bauform der Maske streicht dann mit jedem Atemzug die Luft an der Scheibe vorbei, bevor sie in die Innenmaske geht und geatmet wird. Dadurch wird das Visier trocken und beschlagfrei gehalten, ähnlich wie das durch das Gebläse an der Autoscheibe funktioniert. Die feuchte Ausatmluft geht nicht in den Maskenkörper zurück, sondern verlässt die Innenmaske durch das Ausatemventil. Zugegeben, wenn ich meine Maske im Winter am Starnberger See bei Minusgraden aus dem warmen Auto in die Kälte hole, dann aufs warme Gesicht setze und ins kalte Wasser gehe, kann die Maske erstmal beschlagen. Dann kann man natürlich das klassische Verfahren wie bei einer Halbmaske anwenden mit Spucke oder etwas Chemie. Aber auch ohne diese Maßnahmen sollte eine beschlagene Maske nach ein paar Atemzügen wieder frei sein und auch frei bleiben, auch ohne Spucke oder Chemie. Sollte das nicht so sein, dann kommt die Ausatemluft zurück in den Maskenkörper und die richtige Funktion und der Sitz der Innenmaske muss kontrolliert werden.

Und wie machst du eigentlich den Druckausgleich, wenn du nicht an deine Nase kommst?

Der Druckausgleich erfolgt in Vollmasken markengebunden mit verschiedenen Verfahren. Bei der Ocean Reef Maske zum Beispiel werden Silikonblöcke vor dem ersten Gebrauch so an das Gesicht des Nutzers angepasst, dass man sie unter Wasser leicht an die Nase pressen kann ohne die Atmung zu behindern. Zum Druckausgleich schiebt man die Maske dann am Kinn leicht nach oben so dass die Silikonblöcke die Nase kurzzeitig von unten verschließen. Tatsächlich geht der Druckausgleich mit einer Vollgesichtsmaske – unabhängig vom Hersteller – in der Regel einfacher als beim Tauchen mit Halbmaske, da man ja kein Mundstück festhalten muss und somit einen entspannten Kiefer und eine entspannte Gaumenposition hat und damit leichter mit Schlucken oder Gähnen Luft in Richtung Mittelohr schicken kann. 

Alle übrigen Sinushöhlen im Bereich des Gesichts befinden sich sowieso mit jedem Atemzug im Umgebungsdruckmilieu. Aber auch der Druckausgleich ist Bestandteil einer guten Ausbildung und stellt in der Praxis sehr selten ein Problem dar. 

Probieren geht über Studieren

Meldet euch in einem unserer SK Vollmaske an oder kontaktiert mich, wenn ihr mehr über die Ocean Reef erfahren wollt.


Unser Spezialist: 
Christian Pietschmann  ist Notfallsanitäter und im Vorstand eines VDST-Vereins. Als Vollmasken-Profi bildet er seit Jahren Sporttaucher inder sicheren Anwendung aus.


Mein Kauftipp
Es gibt inzwischen verschiedene CE-zertifizierte Vollmasken auf dem Markt. Gängige Anbieter sind die Firmen OceanReef (welche sogar zwei verschiedene Maskenkörpergrößen anbieten), Dräger, KirbyMorgan und OTS. Ich tauche seit vielen Jahren mit Masken von Ocean Reef (siehe auch »Ausprobiert« in der 4/23), welche es in einem praktischen Rucksack in verschiedenen Farben und Größen gibt. Im »SK-Vollmaske« des Fachbereichs Umwelt und Wissenschaft können unterschiedliche Masken ausprobiert werden und dann kann sich jeder individuell entscheiden. 
Wer meine Empfehlung, die Ocean Reef Neptun III, ausprobieren will, kann sich gern mit unserem Co-Autor Christian Pietschmann (c.pietschmann@oceanreefgroup.com) in Verbindung setzen.




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