DAS FISCHREISER PROJEKT
Beispiel für einen Fischreiser zur Vergrößerung der JungFischPopulationen im Bodensee – mit wissenschaftlicher Begleitung.
Monitoring – Methode
Taucher erfassen regelmäßig auf Unterwasser-Schreibtafeln und mit Unterwasser-Kameras die vorkommenden Tiere und Pflanzen. Dabei werden immer die gleichen Stellen aufgesucht und ausgewertet. Es geht um Zustandsänderungen, die anhand bestimmter Tiergruppen oder Lebensgemeinschaften erfasst werden sollen. Unmittelbar nach dem Bau wurde der Fischreiser vom ersten Tag an über einen Zeitraum von 1,5 Jahren regelmäßig besucht und war somit ein ideales Forschungsobjekt.
Kein Zufall, dass Taucher über den Zustand im Bodensee als eines der großen Tauchreviere gut Bescheid wissen und Veränderungen sehr früh bemerken. Dass daraus ein großes Projekt mit wissenschaftlicher Begleitung entstehen kann, stellt Hannelore Brandt vor. In den 70er Jahren war der See durch Schadstoffeintrag hoch belastet, durch Kläranlagen und andere Maßnahmen ist er heute fast wieder im Zustand eines Voralpensees. Aber nur im Uferbereich steht eine geringe Fläche zur Ansiedlung für Pflanzen, niedere Tiere und Unterschlupf für Jungfische zur Verfügung. Hilft da das Einbringen zusätzlicher Ansiedlungsflächen? In den vergangenen Jahren fielen den Tauchern immer häufiger fremde Arten auf. Wie sehr beeinflussen diese das Gleichgewicht der einheimischen Flora und Fauna? Mit wissenschaftlicher Methodik soll dies alles beobachtet werden. Der Badische Tauchsportverband e.V. (BTSV) und der Württembergische Landesverband für Tauchsport e.V. (WLT) errichten 2019 gemeinsam einen Fischreiser nach historischen Vorbildern, wie sie Archäologen wohlbekannt sind. In fast 500 Stunden Ehrenamtsarbeit durch Taucher der Bodensee-Vereine entsteht das Gebilde vor dem Uferpark in Überlingen. Das Projekt wird von der Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg unterstützt und aus Erträgen der Glücksspirale gefördert. Die Tauchgruppe WiTUS (Universität Stuttgart) übernimmt 1,5 Jahre lang das Monitoring. Zwei fest installierte UW-Kameras liefern ebenfalls Informationen über Fische und Wasservögel am Fischreiser. Schnell wird der neue Fischreiser zu einer attraktiven Siedlungsfläche mit Verstecken. Algen, Muscheln, Schnecken, Süßwasserpolypen, Fische und Moostierchen werden festgestellt, allerdings besetzt die Quagga-Muschel – ein Neobiot mit extrem hoher Fortpflanzungsrate – sehr schnell die Flächen und dominiert das Bild. Aber die Kolonien der Quagga-Muscheln bieten dann selbst wieder Ansiedlungsfläche und Unterschlupf für heimische und eingewanderte Arten. So wird der Fischreiser wertvoller neuer Lebensraum im Bodensee.
weitere Informationen:
BTSV
WLT
Fischreiser am Bodensee: Das Jahrhundert-Erfolgsmodell
Fischreiser wurden über Jahrhunderte hinweg im Bodensee zur Fischbewirtschaftung betrieben. Der Aufbau ist immer wieder ähnlich: In runden oder eckigen geometrischen Formen angeordnet, sind Pfähle senkrecht in den Grund gerammt und der Innenraum ist mit Obstbaumschnitt befüllt. Dieser künstlich geschaffene Unterschlupf lockt kleine und große Fische an, welche dann leicht in die Fischernetze getrieben werden können.Von alten, aufgelassenen Reisern ist oft nichts mehr zu sehen, da sie über die Jahre hinweg in sich zusammenfallen. Je nach Alter ragen die Pfähle als Stangen mehrere Meter oder auch nur wenige Zentimeter in die Höhe.
Unsere Autorin:
Hannelore Brandt
Präsidentin des Badischen
Tauchsportverbandes BTSV