JURAMEER
Wer im Herbst über die abgeernteten Äcker der Schwäbischen Alb wandert, findet viele Brocken aus Kalkgestein. Wenn man sich diese dann genauer betrachtet, entdeckt man die Überreste von Korallen und Schwämmen die hier vor ungefähr 145 Millionen Jahren im Jurameer lebten.
Im Erdzeitalter des Jura waren weite Teile Deutschlands vom Meer bedeckt. Besonders in Süddeutschland war es zu dieser Zeit deutlich wärmer als heute und die Wassertemperaturen lagen bei 20-23°C. Unter Wasser tummelten sich die bis zu 18 Meter großen Ichtyosaurier und der Liopleurodon, der mit 25 Metern das größte Raubtier war, das jemals auf unserer Erde gelebt hat. Der Urvogel Archaeopteryx gleitete durch die Lüfte. In den flacheren Bereichen und Lagunen des Jaurameeres bildeten sich die ersten Riffe aus metergroßen Schwämmen. Als sich der Meeresspiegel weiter senkte, kamen Korallen hinzu, von denen inzwischen über 145 fossile Arten auf der Schwäbischen Alb bekannt sind.
Im Gegensatz zu unseren heutigen Riffen, bildeten die Korallen und Schwämme dieser Zeit keine großen, ausgedehnten Riffkomplexe. Man kann sich die Riffe eher als kleine, eigenständige Fleckenriffe vorstellen, ähnlich den Riffen im Norden des Omans. Auch hatten die Riffe nicht die Stabilität unserer heutigen Riffe, in denen die Kalkskelete von Korallen, Schwämme, Muschel und Röhrenwürmer zu einer festen Basis zusammen zementiert werden. Die große Zeit der dafür verantwortlichen Rotalgen sollte erst noch kommen. Dadurch ist aus dieser Erdepoche meistens nur noch Riffschutt zu finden. Gerade deshalb war es auch eine Sensation, als 1998 bei Gerstetten ein unversehrten Korallenriffe entdeckt wurde und so ganz neue Einblicke in das Leben unter Wasser im Jurameer ermöglichte.
Die Korallen- und Schwammfauna aus den Riffkalken und Schuttbänken der Schwäbischen Alb gehören zu den reichhaltigsten der Jurazeit weltweit. Das ist vor allem dem Vorgang der sogenannten „Verkieselung“ zu verdanken. Dabei wurden die kalkigen Schalen und Skelette oberflächlich durch Kieselsäure ersetzt, die vermutlich aus den im Meerwasser aufgelösten Skelettnadeln von Kieselschwämmen stammte. So sind selbst kleinste und filigranste Strukturen erhalten geblieben und heute noch erkennbar. Warum ausgerechnet hier auf der Ostalb eine verstärke Verkieselung stattgefunden hat ist aber noch unklar.
Die Bruchstücke, die man im Spätherbst auf den umgepflügten Äcker finden kann, sind meist unscheinbar in größere Kalkbrocken eingebettet. Manchmal hat der Regen auch bereits den um das verkieselte Korallenskelet liegenden Kalk verwittert und kleine Strukturen sind erkennbar. Die ganz Pracht entfalten die fossilen Riffstücke aber erst wenn man sie entsprechend präpariert und den Kalk vollständig herauslöst.
Riffmuseum
Das Riffmuseum im historischen Bahnhofsgebäude der Gemeinde Gerstetten auf der Schwäbischen Alb stellt eine Besonderheit in der Museumslandschaft Deutschlands dar. Mit Unterstützung der Gemeinde und viel ehrenamtlichen Engagement haben Fossiliensammler und Sporttaucher Korallen- und Schwammfunde aus dem Jurariff von vor 150 Millionen Jahren zusammengetragen und ausgestellt. Öffnungszeiten: Sonntags und Feiertags von 10:00
Fossiliensucher im Jurameer!
Am 21.10.2018 findet das eintägige VDST-Seminar „Fossile Riffe“ im Rahmen des Internationalen Jahr des Riffes (IYOR) 2018 statt. Der Fossilienexperte Dr. Eugen Schray und Geologe Ralph-Walter Müller erklären die Unterwasserwelt des Jurameeres. Sie sammeln und präparieren mit den Teilnehmern fossile Korallen und Schwämme auf der Schwäbischen Alb, die dann mit nach Hause genommen werden dürfe. Die Teilnehmerzahl ist auf 15 begrenzt. Weitere Informationen und Anmeldung unter: iyor2018@vdst.de
Unser Autor:
Professor Dr. Ralph Schill