ENTWICKLUNG
»Der VDST muss sich vermehrt in der Politik bemerkbar machen, um dort das Bewusstsein zu stärken, dass Tauchen eine nachhaltige Natursportart ist.«
Alexander »Alex«, unser neuer Vize für Verbandsentwicklung kommt aus der Beraterbranche, was mehr als nützlich ist, wenn man dem VDST den richtigen Weg in die Zukunft weisen will. Umso kritischer sind unsere Fragen an ihn:
VDST-sporttaucher: Wenn der VDST nach 66 Jahren einen Vizepräsidenten für die Verbandsentwicklung bestellt, bedeutet das, das wir nicht mehr wissen, wo es lang geht?
Alexander Bruder: Nein, in den letzten 16 Jahren wurde der Verband sehr erfolgreich von Prof. Dr. Franz Brümmer geführt. Der VDST ist aktuell sehr gut vernetzt, insbesondere im Bereich Naturschutz.Aber der VDST ist viel mehr. Wir sind ein Spitzensportverband und eine Ausbildungsorganisation mit ideeller aber auch professioneller Ausbildung. Gerade in diesem Bereich sind wir nicht allein und agieren in einer Branche, die aktuell nicht wirklich wächst. Daher gibt es hier große Herausforderungen, den VDST erfolgreich in die Zukunft zu führen und Strukturen zu schaffen, die solch eine Arbeit im Ehrenamt ermöglichen. Dazu sind wir im neuen Präsidium als Team angetreten, jeder mit speziellen Kompetenzen.
sporttaucher: Aktuell gibt es über 20 Tauchsportverbände in Deutschland. Allein 12 sind im CMAS-Germany organisiert und erhalten vom VDST die begehrte internationale CMAS-Lizenz.Mal ehrlich, wer blickt da noch durch, was will der VDST in Zukunft besser oder anders machen?
Alex: Alle Tauchsportverbände machen eine gute Arbeit in Ihrem Bereich. Wir, der VDST sind die größte ideelle Ausbildungsorganisation für Tauchsport in Deutschland. Jeder Verband hat sein eigenes Brevet und einige möchten auch die CMAS als „den Weltverband“ auf ihre Karten drucken. Wir, der VDST, sind der Lizenzgeber des CMAS Siegels auf deutschem Boden. Mit der Lizenz für die CMAS Germany verpflichten sich die Lizenznehmer hohe Standards in der Ausbildung zu halten. Der VDST hat für seine eigenen Brevets aber noch höhere Standards. Darum gilt in unseren Vereinen nur die Ausbildung nach VDST Richtlinien und durch VDST Ausbilder. Unsere Ausbildungsabteilung kümmert sich mit vielen fleißigen Köpfen darum, die VDST Ausbildung zur sichersten Ausbildung der Branche zu machen. Darum verpflichten wir, im Gegensatz zu den meisten anderen Tauchsportverbänden, unsere Tauchlehrer zu ständiger Weiterbildung. Gleichzeitig darf die Ausbildung aber nicht zu kompliziert werden, denn dann gehen die Tauchschüler zu anderen Organisationen, wo der Schein vermeintlich einfacher zu haben ist.Wir wollen unser eigenes Brevet stärken und noch besser vermarkten. Dann wird der Markt entscheiden, welche Verbände in Zukunft weiter erfolgreich sind.
sporttaucher: In Deiner Kurzvorstellung (Heft 1/20) wirbst Du mit der Digitalisierung und elektronischen Brevets. Wie soll das funktionieren in einem Land, das selbst enormen Nachholbedarf auf diesem Gebiet hat?
Alex: Na ja, Nachholbedarf heißt ja nicht Steinzeit – wenngleich ich manchmal tatsächlich den Eindruck gewinne, dass Deutschland digital noch in der Steinzeit lebt. Und wir als VDST sind der große Dinosaurier, der noch mit Papieranträgen arbeitet…Das muss anders werden. Wir müssen die digitalen Herausforderungen aufnehmen und mit frischen jungen Ideen neue Lösungen schaffen. Das digitale Brevet ist der erste Schritt, da sind wir kurz vor der Einführung. Dann muss der Tauchlehrer nicht mehr offline (auf Papier) ein Formular ausfüllen, sondern kann dies online im Internet erledigen. Das Brevet geht dann direkt heraus. Weiterhin wird es mittelfristig eine App geben, in der der Tauchschüler seine Brevets digital speichern kann und so nicht eine Latte an Plastikkarten mit in den Urlaub nehmen muss, sondern nur sein Smartphone. Das hat heute sowieso jeder dabei. Das ist aber noch nicht alles. Wir müssen auch die Kommunikation zu unseren Mitgliedern (und Noch-Nicht-Mitgliedern) auffrischen und aktuell und modern gestalten. Das gilt auch für den VDST-sporttaucher. Die Jugend ist heute über andere Kanäle erreichbar, als mit einem Magazin gedruckt auf Papier. Wir müssen die Kanäle bedienen, die von der Jugend verwendet werden. Nichtsdestotrotz möchte ich uns den Luxus eines eigenen Magazins so lange, wie möglich erhalten.
sporttaucher: Wirft ein Vize Verbandsentwicklung auch mal einen Blick auf die Nachhaltigkeit im Tauchsport? Reisen in exotische Länder werden aktuell nicht nur von der Jugend vehement kritisiert (siehe Leserbriefe). Wie will der VDST die Nachwuchsprobleme lösen, wenn die bunten Korallenriffe für uns in Zukunft tabu sind?
Alex: Tauchen ist ja nicht nur in exotischen Ländern schön. Ich tauche auch sehr gerne in unserem örtlichen Baggersee. Gerade der VDST engagiert sich sehr stark für den Umweltschutz. Tauchen ist eine Natursportart und nur mit nachhaltigem Tauchen erhalten wir uns die Möglichkeiten, die Unterwasserwelt auch in Zukunft genießen zu können. Natürlich ist das Tauchen in fernen Ländern noch schöner – da sind die Fische bunt und das Wasser warm. Also gilt es Möglichkeiten der Kompensation zu finden, damit die Reise nachhaltig und Kohlendioxid neutral gestaltet werden kann. Besser als Kompensation ist aber Verzicht, wie gesagt, einheimische Gewässer haben auch viel zu bieten.
sporttaucher: Viele Jahre hat sich der VDST mit dem Förderkreis Sporttaucher für die Nutzung unserer heimischen Gewässer eingesetzt. Der Förderkreis ist Geschichte, das Tauchen einheimischen Gewässern kaum noch erlaubt. Was bleibt uns da noch für die Ausübung unseres Hobbys?
Alex: Eine Herausforderung ist es in unserem Verband, die ganzen Engagements einzelner Gruppen zu identifizieren und mit einem gemeinsamen Ziel erfolgreich fortzusetzen. Engagements gab es vom Sporttaucher, genauso wie es Engagement im Bereich Jugend gibt, aber auch der Ausbildung und nicht zuletzt in unserem Umweltfachbereich. Hier findet ja aktuell ein radikaler Umbau der Strukturen statt, um den Fachbereich fit für eine ehrenamtliche Zukunft zu machen. In der Vergangenheit gab es sehr viele vielversprechende Engagements. Als Aufgabe der Verbandsentwicklung sehe ich, diese zu identifizieren und die Potentiale der einzelnen Engagements auszuloten. Dann setzen wir die erfolgreichen fort oder starten neue. Der VDST muss sich zusammen mit seinen Landesverbänden und Vereinen vermehrt in der Politik bemerkbar machen, um dort das Bewusstsein zu stärken, dass Tauchen eine nachhaltige Natursportart ist, die gefördert werden sollte, anstelle weiter eingeschränkt zu werden. Hier sind wir alle aufgerufen, uns zu engagieren.
Das Interview mit Alexander Bruder führte Dietmar Fuchs