HAIE EISKALT

Als geschickte Jäger kennen wir Haie vor allem aus tropischen Meeren. Über Haie im Kaltwasser wissen wir noch kaum etwas. Christina Karliczek hat Eindrucksvolle Filmaufnahmen von Haien im Kaltwasser mitgebracht.


Unterwasser Kamerafrau und Tierfilmregisseurin Christina Karliczek hat sich auf eine spannende Expedition für die ARD Dokumentation „Erlebnis Erde: Haie eiskalt!“ begeben. ”Es ist Nachmittag und bereits stockdunkel, der gefrorene Boden knirscht unter meinen Füßen und dem riesigen Flaschenset, als ich ins Wasser steige. Ab jetzt gilt: bloß keine Schwebeteilchen des Fjordbodens mit den Flossen aufzuwirbeln. Auf rund 30 Metern möchte ich eine der kleinsten Haiarten in Europa vor die Linse bekommen – den Schwarzbauch-Laternenhai! Diese Art lebt nicht nur in Tiefen von 700 Metern abwärts; diese Jäger sind auch mit einer besonderen Fähigkeit gewappnet: Sie leuchten. Diese Biolumineszenz kann der Hai selbst durch Hormone steuern. Erst seit etwa zehn Jahren wird diese Eigenschaft grundlegend erforscht, und noch nie wurde das Leuchten dieser Laternenhai-Art in einem Film gezeigt. Während meiner Recherche entdeckte ich, dass Schwarzbauch Laternenhaie von norwegischen Tauchern oben in der Wassersäule gesehen wurden, im Schutz der Dunkelheit langer nordischer Winter. Doch diese Nacht im Fjord endet für mich leider nur mit leeren Flaschen. Es wird über zwei weitere Winter dauern um wirklich gute Aufnahmen dieser Laternenhaie zu bekommen. Im Forschungslabor mit Professor Jérôme Mallefet, der die bahnbrechenden Entdeckungen der Biolumineszenz während der letzten zehn Jahre machte, komme ich dem seltenen Tier endlich näher. Mir bleibt fast das Herz stehen als ich mich an die völlige Dunkelheit gewöhnt habe: Da schwimmt die leuchtende Silhouette eines 20 Zentimeter langen Laternenhais! Wir haben ein spezielles Filmset aufgebaut, um sichtbar zu machen, was in den Tiefen des Ozeans alltäglich ist. Durch winzige Leuchtorgane am Bauch kann der Hai seine Silhouette Richtung Wasseroberfläche verschleiern, eine ausgeklügelte Tarnung, sowohl für die Jagd auf Beute als auch zum Schutz vor größeren Haien. Rekordverdächtig kaltes Wasser erwartete uns in der Arktis, um den einzigen Hai zu filmen, der auch unter einer geschlossenen Eisdecke leben kann: den Eishai. Schlagzeilen hat diese Art aber als Wirbeltier mit dem höchsten Alter gemacht. Bis etwa 500 Jahre sollen die Tiere alt werden können. Eisiges Meerwasser mit Temperaturen von minus zwei Grad ist eine lebensfeindliche Umgebung für uns Taucher. Auch das arktische Wetter kann zur Bedrohung werden und plötzlich am Tauchspot einen Schneesturm aufziehen lassen. Doch die Momente auf Augenhöhe mit einem Eishai sind all die Strapazen wert gewesen. Sie hielten mich jedenfalls warm bei Tauchgängen die teilweise länger als eine Stunde im Eiswasser dauerten. Es ist ein irres Gefühl, einem Tier zu begegnen, dass sein Leben in dieser extremen Eiswelt bestreitet, erfolgreich angepasst über Millionen von Jahren. Der Hai kann mich vermutlich mit seinen Augen nicht erkennen, sie sind eher ein Lichtmesser. Die Tiere orientieren sich vor allem durch ihren Geruchssinn. Eishaie sind unglaubliche Taucher. In dunklen Welten, in bis zu 2000 Meter Tiefe erstreckt sich ihr Lebensraum. Wie sie sich zur Paarung finden, wo sie ihre Jungen zur Welt bringen und wie viele Eishaie es überhaupt auf der nördlichen Halbkugel gibt, ist noch unbekannt.”

Unsere Autorin: 
Christina Karliczek Skoglund
Fotografin und Filmemacherin

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