RANDERSCHEINUNGEN

Bildränder gehören bei vielen Fotografen zu den am meisten vernachlässigten Stilelementen der Bildgestaltung. Herbert frei erklärt, wie man es besser macht.


Dabei sind sie von eminenter Bedeutung, weil sie ein Bild zum Hingucker machen oder auch zum Langweiler degradieren können. Unter Wasser hat man bei der Bildgestaltung anders als an Land eher selten alle Zeit der Welt. Die Gruppe schwimmt weiter, Strömung kommt auf, die Nullzeit läuft ab, man ist deshalb meistens etwas in Eile. In heimischen Gewässern ist es besser. Aber auch hier bleiben die Fische eher selten geduldig stehen, bis man sich entschieden hat, abzudrücken. Beim Blick durch den Sucher bzw. auf den Monitor fixieren wir unser Auge normalerweise auf das Hauptmotiv, das überwiegend im Bildzentrum sitzt. Diese Konzentration ist absolut natürlich. Insbesondere, wenn es sich um schwimmende Fische handelt, bleibt oft wenig Zeit, sich um das Randgeschehen zu kümmern. Fotogene Ränder sind deshalb häufig dem Zufall geschuldet. Versierte UW-Fotografen/innen überfliegen vor dem Abdrücken schnell mal die Bildränder, um eventuell noch die Position geringfügig zu ändern oder den Zoom bildgestalterisch zu betätigen. Primär wird durch eine günstige Randverteilung erreicht, dass der Blick des Betrachters nicht vom Hauptmotiv abschweift, um sich eventuell in einem Bildteil festsetzt, das nicht von Bedeutung ist. Ein idealer Bildrand ist beispielsweise Wasser. Auf diese Weise kann man das Motiv freistellen, mit dem Vorteil, dass man ohne störende Randeinflüsse wie unschöne Korallen, Astwerk im Bereich des Hauptmotivs, Felsen, dunkle Steilwände oder Taucher in wenig fotogenen Positionen agieren und gestalten kann. Motive, die sich nicht oder kaum bewegen und die sich für ein besonderes Bild eignen, sollte man in aller Ruhe betrachten, sie gegebenenfalls umrunden und die beste Position erkunden. Manchmal geht das sogar bei Fischen, wenn sie auf der Lauer liegen (Hechte, Zackenbarsche) und meistens bei Fischen, die sich vorzugsweise am Boden aufhalten (Drachenköpfe, Steinfische, Krokodilfische). Allerdings wird man oft durch das Umfeld ausgebremst, denn man kann einen ins Wasser gefallenen Baum, einen im Weg liegenden Felsen oder einen Korallenstock nicht ignorieren, wenn er beim Positionieren im Weg steht. Dann muss man dem Bildrand erhöhte Aufmerksamkeit widmen und das Bild überlegt gestalten. Soll man auch mal drauf los fotografieren? Ja, machen Sie das, denn aus Fehlern kann man lernen. Wer in der Bildgestaltung noch nicht versiert ist, sollte aus verschiedenen Blickwinkeln abdrücken, sollte die Perspektive ändern, auch mal ein Motiv von oben und von hinten fotografieren, um zu sehen, wie das Bild wirkt. Wenn Sie ein Zoom-Objektiv verwenden, mit diversen Brennweiten arbeiten. In solchen Bildfolgen kann man explizit sehen, welche Bilder sich auch für eine nachträgliche Bildbearbeitung eignen. Man muss bei solchen Serien allerdings über eine gesättigte Frustrationstoleranz verfügen, denn nur das Wenigste wird einem gefallen.


Merke
* Wer mit einer Festbrennweite fotografiert, kann durch unterschiedliche Motivdistanzen den Einfluss der Bildränder steuern.  
* Mit einem Zoom-Objektiv, wie es Kompaktfotografen verwenden, können Bildelemente am Bildrand in ihrer Dominanz beeinflusst werden. 
* Blendenfächer (große und kleine Blenden) generieren diverse Schärfentiefen, die stark in das Styling der Bildränder eingreifen.
* Der Bildrand darf niemals das Hauptmotiv dominieren.
* Andererseits: Ein fotogener, aber nicht zu aufdringlicher Bildrand stärkt das Hauptmotiv, sofern dieses ein Blickfang ist.
* Mittels Bildbearbeitung kann ein störender bzw. nicht fotogener Bildrand beseitigt werden. Trotzdem sollten sie so fotografieren, als ob es diese Möglichkeit nicht gäbe.


Unser Autor:
Herbert Frei
Buchautor und Fotoexperte, im VDSTsporttaucher &  divemaster

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