FROSCHPERSPEKTIVE

Die für den Betrachter interessantesten Bilder sind solche, die als Eyecatcher (Hingucker) durchgehen, Dramaturgie vermitteln und Spannung versprechen.  Aufnahmen, die man sich gern länger anschaut. 


Eines dieser Stilmittel ist die Froschperspektive. Abgeleitet wurde der Begriff der Froschperspektive von Fröschen, die im Wasser liegend oft nur an den aus dem Wasser blickenden Augen erkannt werden. Aufgrund ihrer Lebensweise und der Anordnung ihrer Augen schauen sie meistens von unten nach oben. Gleiches trifft auf die im Sand liegenden Himmelsgucker zu. Wenn die Horizontlinie nicht mehr in der Bildmitte, sondern weiter unten in der Nähe des Bildrandes erscheint, weil die Kamera mehr oder weniger stark gegen den Himmel geneigt wird, spricht man von der Froschperspektive. Man ist quasi nicht auf einer Höhe mit seinem Motiv. Die Fluchtpunkte streben nach oben. Bei extrem steiler Kamerahaltung sieht man keine Horizontlinie. Es liegt dann eine extreme Froschperspektive vor, die dann, wenn die Sonne im Bild erscheint, auch der Gegenlichtaufnahme zuzuordnen ist. Dies trifft im Wesentlichen auch auf den Umgang mit Fisheye-Objektiven zu, wenn ihr riesiger Bildwinkel die Wasseroberfläche oder die Sonne erfasst. Bildtheoretiker bezeichnen den Begriff der Froschperspektive richtiger als Untersicht – oder Low-Angel-Perspektive, weil sich der Kamerastandpunkt immer unterhalb der normalen Augenhöhe befindet. Prinzipiell kann man alle Gegenlichtaufnahmen als Bilder aus der Froschperspektive bezeichnen. Aber nicht alle Froschperspektiven sind Gegenlichtaufnahmen. Oftmals interessanter ist die gemäßigte Froschperspektive ohne direkte Sonneneinstrahlung, weil sie mehr Gestaltungsmöglichkeiten unter Einbeziehung des Umfeldes bietet. Eine leichte Kamerahaltung in Richtung Wasseroberfläche macht Fische optisch attraktiv und sehenswert, große Raubfische wie Haie wirken bedrohlich, Pflanzen und Korallen erscheinen größer als in Wirklichkeit. Gelungene Frosch-perspektivische Bilder lassen eine Idee erkennen, zeugen von bildgestalterischer Überlegung, aber auch von einer passenden Location.        Bei hochstehend gewachsenen Objekten (Schilf, Trichterschwämme, Gorgonien) sollte man mehrheitlich auf das Hochformat umschwenken, weil es die Froschperspektive besonders gut zur Geltung bringt. Man muss dabei aber berücksichtigen, dass es dann erhebliche Belichtungsdifferenzen zwischen oben und unten gibt. Die muss man mit probaten Mittel egalisieren, soweit das möglich ist. RAW, kleine Blenden, kurze Verschlusszeiten, niedere ISO-Zahlen, entsprechend starke Blitzgeräte, wenn aufgehellt werden muss.


Merke:
* Aus welcher Perspektive man ein Bild gestaltet, hängt immer vom Motiv und der Location ab. Generell gilt die Froschperspektive als eine der dramatischsten.
* Bilder aus der Froschperspektive müssen nicht zwangsläufig die Sonne im Bild haben. Oft ist es besser ohne!
* Die Froschperspektive muss man sich aneignen. Viele UW-Fotografen schauen nie nach oben. Ein großer Fehler!
* Die Brennweite ist optisch gesehen Nebensache, denn man kann auch mit einem Makroobjektiv die Froschperspektive auskosten.
* Froschperspektiven gelten als exzentrisch, weil ungewohnt. Manchmal zahlt sich dieser Mut bei UW-Fotowettbewerben aus.
* Froschperspektive heißt „Kamera nach oben schwenken“. Der froschperspektivische Bildwinkel streckt sich von leicht schräg bis senkrecht.
* Die Brennweite ist nicht immer entscheidend. Auch mit einem Makroobjektiv kann man froschperspektivische Bilder gestalten. Üblich sind aber eher große Bildwinkel, weil sie mehr Stimmung erzeugen. 
* Die Froschperspektive kann horizontal oder vertikal gestaltet werden.
* Mit oder ohne Blitzlicht? Blitzlicht bringt zumindest bei nahen Motiven Farbe ins Bild. Ohne Blitzlicht wird aus der Froschperspektive schnell eine Silhouetten-Aufnahme bzw. ein Scherenschnittbild.
* Wenn man Taucher ablichtet, ist die Froschperspektive eine echte Alternative zum oft langweiligen Horizontalbild.


Unser Autor:
Herbert Frei
Buchautor und Fotoexperte, im VDSTsporttaucher &  divemaster

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