INTERVIEW: Dr. WILHELM NIER
»Alles für das Team«
Seit November 1999 ist Dr. Wilhelm Nier Bundestrainer Unterwasser-Rugby Herren beim VDST. Um diese aufwändige Ehrenamtsarbeit über zwei Jahrzehnte zu leisten, bedarf es mehr als Begeisterung für das Unterwasser-Rugby. Organisationstalent, Teamfähigkeit, Stressresistenz und nicht selten, den Sport an erster Stelle im Leben zu setzen, sind nur einige der Superkräfte eines ehrenamtlich tätigen Bundestrainers.
VDST sporttaucher: Wie hat sich das Unterwasser-Rugby im Laufe Deiner Trainerzeit verändert?
Dr. Wilhelm Nier: Es ist dynamischer und schneller geworden. Durch die Möglichkeit der Videoanalysen sind zahlreiche Spielsysteme untersucht und die komplexen Bewegungsabläufe analysiert worden.
sporttaucher: Wie sieht Dein Bundestrainer-Team aus?
Wilhelm: Das kommt darauf an, was man betrachtet. Im strukturellen und organisatorischen Bereich arbeiten wir drei Bundestrainer, Kati Vehlow für die Damen, Torsten Stanschus für die Junior*innen und ich für die Herren eng zusammen. Bezogen auf meine Aufgabe als Bundestrainer Herren freue ich mich, mit Marcel Mohring, ehemaliger UWR Nationalspieler und Flossenschwimmer, zusammen zu arbeiten.
sporttaucher: Zwei Jahre Pandemie – wie ist Dein Rückblick und Ausblick für die Nationalmannschaft?
Wilhelm: Durch die Einschränkungen der Stadtsportbetriebe sind viele Trainingszeiten für Vereinsmannschaften ausgefallen oder reduziert worden. Ich habe versucht, durch freie Trainingsmöglichkeiten neben den Nationalmannschaftslehrgängen, die Nationalspieler im Training zu halten. Alleine im letzten Jahr sind vier Trainingstage zusätzlich angeboten worden. Auch für dieses Jahr sind freie Trainings für Kaderspieler geplant.
sporttaucher: Wie bewerbe ich mich für die Nationalmannschaft?
Wilhelm: Am einfachsten ist es über den Landesverbandstrainer. Ich arbeite aber auch mit zahlreichen Vereinstrainern zusammen, die mir „Talente“ empfehlen. Im September jeden Jahres führe ich immer einen offenen Sichtungslehrgang durch und lade die Spieler zu dieser zweitägigen Unterwasser-Rugby-Veranstaltung ein, auf der sie ihre Leistungen zeigen können.
sporttaucher: Was macht einen erfolgreichen Unterwasser-Rugby-Spieler aus?
Wilhelm: Er erfüllt seine Aufgabe im Team! Nicht mehr und nicht weniger. Selbstverständlichkeiten wie Kondition, Verständnis fürs Spiel, eine gewisse dreidimensionale Orientierung der eigenen Person in Verbindung mit der Ballposition, den Gegnern und den eigenen Mitspielern, setze ich voraus. Wichtig ist es, dass ein Spieler nicht nur das aktuelle Spiel sieht, sondern wie das Spiel in fünf bis zehn Sekunden aussehen wird. Erst dann kann er sich oder seine Mitspieler in eine gute Spielposition bringen. Diese Eigenschaft ist notwendig, sonst hängt man immer wieder dem Spielgeschehen hinterher.
sporttaucher: Was sind die nächsten Stationen der Unterwasser-Rugby Nationalmannschaft Herren?
Wilhelm: Im Mai fahren wir zu einem Ländervergleich nach Kopenhagen in Dänemark, im Juni ist die Europameisterschaft in Stavanger in Norwegen und im nächsten Jahr die Weltmeisterschaft in Montreal in Kanada.
sporttaucher: Du hast drei Wünsche für Deine Arbeit als Nationaltrainer frei.
Wilhelm: Ambitionierter Nachwuchs, der in einem Bundesleistungszentrum für Unterwasserrugby ausgebildet werden kann. Die finanziellen Möglichkeiten, die Spieler in Hostels und Jugendherbergen unterzubringen. Bisher schlafen die Teams in Schwimmbädern, Turnhallen oder Vereinsheimen mit Schlafsack auf Isomatten. Das klingt romantisch, ist aber amateurhaft. Zurzeit habe ich in meinen drei Kadern 60 Spieler, die bei mehrtägigen Lehrgängen untergebracht und versorgt werden müssen. Von Fahrtkostenbeteiligungen wage ich nicht zu träumen. Ein wenig finanzielle Erleichterung würde dem UW-Rugby-Sport da guttun.
Ein Interview von
Wolfgang Tress