STRAND JÄGER
Archäologische Tauchgänge vom Ufer an Strandungswracks
Historische Strandungswracks können oft direkt vom Ufer aus betaucht werden. Sporttaucher fragen uns immer wieder, wo sie das Wissen aus ihren archäologischen VDST-Kursen praktisch anwenden können. Strandungswracks sind dafür gut geeignet und finden sich im gesamten Küstengebiet.
Gestrandet
In den letzten Jahrhunderten war die nautische Navigation längst nicht so präzise wie heute. Seefahrer orientierten sich anhand Erfahrungen, Lot-Messungen und oft vagen Seekarten. Insbesondere die Frachtsegler waren in ihrer Manövrierfähigkeit oft eingeschränkt. Kam der Wind aus einer ungünstigen Richtung, wurden sie leicht ans Ufer getrieben. Opfer dieser „Strandungen“ säumen die gesamte Küste – und können vielfach mit wenigen Flossenschlägen erreicht werden. Die Ostsee ist seit Jahrhunderten ein wichtiger Handelsweg. Entsprechend hoch ist die Dichte an havarierten Schiffen. Mit Google Earth kann man sie leicht aufspüren.
Schatzkammer Ostsee
Strandungswracks liegen meist in einer Tiefe von bis zu fünf Metern und werden daher von den Satelliten erfasst. Dabei kann man sich oft auf Überraschungen gefasst machen. Denn Strandungswracks sind massiven Sedimentsbewegungen ausgesetzt und oft über Jahre vollständig versandet. Vor Ort sind Drohnen ein nützliches Hilfsmittel (siehe VDST-sporttaucher #5 und #6/2018). Einige bereits dokumentierte Wracks sollen hier vorgestellt werden. Ein „Google-Flug“ im persönlichen Zielgebiet macht auf jeden Fall Spaß und lohnt sich oft. Wer gezielt nach Wracks sucht, muss vorher Kontakt zu den zuständigen Denkmalbehörden aufnehmen. Diese nehmen aber fundierte Informationen zu den Wracks in der Regel dankend an.
Water Nymph
Die englische Brigg ist 1875 vor dem Darß, einer Halbinsel in Mecklenburg-Vorpommern, gestrandet. Der Befund wurde archäologisch intensiv erforscht und die Geschichte des Schiffs unter anderem im Spiegel veröffentlicht. Ein erneutes Monitoring durch Sporttaucher konnte nach jahrelanger Versandung den Erhaltungszustand bestätigen. Heute sieht man von dem Wrack noch Spanten, die vollständigen Bordwände, Wegerungen, den Bugsteven und die Ruderanlage.
James C. Hamlen
Am Nordufer der Kieler Förde liegen die Reste eines Viermastschoners. Der amerikanische Großsegler war bis 1945 im Einsatz und wurde nach Bombentreffern abgewrackt. 2010 wurde das fast 100 Jahre alte Schiff bei Hafenarbeiten nahezu vollständig zerstört. Florian Huber konnte das Wrack noch kurz vorher dokumentieren. Heute findet man zahlreiche Details der Rumpfkonstruktion, die man sich allerdings vor dem geistigen Auge zusammensetzen muss.
Giddy Up
Wer lieber ein ganzes Schiff vor Augen hat, sollte in der Kieler Förde im Sportboothafen Stickenhörn vorbeischauen. An der äußeren Hafenmole liegt ein 27 Meter langer Zweimaster auf Grund. Das hervorragend erhaltene Wrack erregt seit zehn Jahren die öffentlichen Gemüter, da der Eigner zwecks einer Bergung nicht erreichbar ist. Der Zutritt zum Gelände erfordert eine Erlaubnis und sportliches Geschick. Denn um das Wrack betauchen zu können, muss man sich an den Steinbuhnen abseilen. Mit etwas Neugier und Recherchelust können Wracktauchgänge durchaus eigeninitiativ absolviert werden. Internet und Technik machen es möglich. Und: Spannende historische Tauchziele gibt es natürlich nicht nur in Ost- und Nordsee. Auch in Binnenseen und Flüssen gibt es noch jede Menge zu entdecken.
Unser Autor:
Elmar Klemm
Unterwasserarchäologe
Redaktionsleitung VDST- sporttaucher
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