SCIENCE NEWS 2/21

von Prof. Dr. Ralph Schill





Hai Life
Der Schwarzspitzen-Riffhai (Carcharhinus melanopterus) und Sichelflossen-Zitronenhai (Negaprion acutidens) leben an denselben Orten in den Korallenatollen der Seychellen im Indischen Ozean. James Lea von der Universität Cambridge in England und Kollegen aus der Schweiz, Südafrika und Saudi Arabien haben sich deshalb die Frage gestellt, wie zwei Meeresräuber, die sich so ähnlich und ortstreu sind, sich nicht in die Quere kommen. Der Schlüssel für die friedliche Koexistenz liegt in der Raum-Zeit-Dynamik. Die 52 beobachteten Schwarzspitzen-Riffhaie und 44 Sichelflossen-Zitronenhai teilten sich den gleichen Raum nur zu 26 Prozent des Tages. Auffällig war, dass beide Haiarten besonders bei Flut in die flacheren Bereiche der Lagunen schwimmen. Hier scheint das Nahrungsangebot an kleinen Fischen, Krebs- und Weichtieren besonders groß zu sein und ohne die Flut sind diese Bereiche für die Haie nicht zugänglich. Die Studie liefert ein seltenes Beispiel dafür, wie zwei Meeresräuber mit sehr ähnlichen ökologischen Rollen und bevorzugten Lebensräumen am selben Ort zusammen leben können. 

Guten Appetit
Unsere Riffe haben sich in den letzten Jahrzehnten radikal verändert. In der Karibik sind nur noch durchschnittlich 13 Prozent der Riffe mit lebenden Korallen bewachsen, 40 Prozent sind mit Makroalgen bedeckt. Algenfressende Fische spielen daher eine große Rolle, um die Algen zu entfernen und wieder Platz für Korallenlarven zu schaffen. Claire Dell von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara, USA, und Kollegen haben insgesamt 34 Stunden unter Wasser 105 verschiedene Fische aus acht Fischarten auf den Kaimaninseln in der Karibik beobachtet. Sie stellten dabei fest, dass viele als Pflanzenfresser bekannten Fische nur den kleinen Aufwuchs abnagten, die größeren Makroalgen aber verschmähten. Tatsächlich zeigten sich nur der Blaue Doktorfisch (Acanthurus coeruleus), der Rotband-Papageienfisch (Sparisoma aurofrenatum) und ein Meeresdöbel (Kyphosus sp.) für das vegetarische Mahl begeistert. Diese drei Arten sind somit die wichtigsten Algenfresser in der Karibik und spielen für die zukünftige Entwicklung der dortigen Riffökosysteme eine sehr wichtige Rolle.

Zuviel: Algenfressende Seeigel im Mittelmeer 

Seeigel unerwünscht?
In vielen Bereichen des Mittelmeeres haben sich die einstmals artenreichen Lebensräume entlang der Küsten durch menschliche Aktivitäten zu lebensarmen Unterwasserwüsten entwickelt. Oftmals sind nur noch veralgte Felslandschaften zu beobachten. Für Seeigel hingegen sind diese grünen Wiesen ein reicht gedeckter Tisch. Die beiden häufigsten Seeigelarten im Mittelmeer, Paracentrotus lividus und Arbacia lixula, haben sich in den letzten Jahren an einigen Stellen so stark vermehrt, dass es Giuseppe Guarnieri von der Universität Salento in Italien und seinen Kollegen aus Rom, Triest und Neapel Sorgen bereitet. Seeigel haben eine wichtige Rolle im Meer, aber wenn es zu viele sind, können sie Schaden anrichten. Die Biologen sammelten 2015 im Rahmen des EU MERCES-Projekt (Marine Ecosystem Restoration in Changing European Seas) 92.500 Seeigel auf einer Fläche von 1,2 Hektar im Meeresschutzgebiet Porto Cesareo in Apulien ab und beobachteten über drei Jahre, was passiert. Die Fläche entwickelte sich positiv und die wenigen Seeigel, die sich erneut ansiedelten, durften natürlich bleiben.  

Falsch gefangen
Die Schleppnetzfischerei ist eine sehr umstrittene Fangmethode, da hierbei nicht nur die Fischarten die gefangen werden soll ins Netz gehen, sondern auch viele andere Arten einschließlich Haie, Delfine, Schildkröten und Seevögel. Der Beifang kann bis zu 80 Prozent ausmachen und er wird meistens wieder über Bord geworfen und so auf See entsorgt. Ein großer Teil des Fanges besteht inzwischen auch aus Plastik. Aurycéia Guimarães-Costa von der Universität in Brasilien und Kollegen haben mittels  DNA-barcoding, eine Methode zur Artenbestimmung mit DNA-Sequenzen, den Beifang auf 229 Fangschiffen an der brasilianischen Nordküste untersucht. Dabei identifizierten sie insgesamt 182 Fischarten, darunter auch 20 Hai- und Rochenarten. Knapp zehn Prozent der gefangenen Fische sind in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) aufgeführt. Diese Ergebnisse zeigen die negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt im Norden Brasiliens, die durch den Beifang kleiner industrieller und unregulierter Fischereibetriebe verursacht wird.

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