ANTJE FRANKE INTERVIEW

Antje Franke,
Leiterin Fachbereich Leistungssport beim VDST

 »Ich weiß, wie wichtig es ist, dass junge Menschen die Möglichkeit bekommen, ihren Sport auf höchstem Niveau zu betreiben.«

Antje wurde bei der VDST-Mitgliederversammlung im November 2019 wieder gewählt. Genau der richtige Moment, für einen Blick zurück auf ihre bisherige Arbeit und ihre zukünftigen Ideen für den Leistungssport.

VDST-sporttaucher: Was hat Dich dazu bewogen noch einmal für den Leistungssport anzutreten?
Antje Franke: Gute Frage – die ich mir auch selbst stellen musste … Aristoteles sagte mal: „Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.“ Hat was für sich, ist aber eben nur die halbe Miete. Denn dann kommen die Mühen des Weges – ich sage bewusst nicht: „die Mühen der Ebene“, es lagen da ganz schöne Brocken herum. Während meiner ersten Amtszeit haben wir Vieles in Angriff nehmen können und müssen, haben aber auch Etliches noch nicht in trockenen Tüchern. Da ich ein Mensch bin, der die Dinge nicht nur anfängt, sondern auch zu einem guten Ende bringen will, gab es dann auch nicht wirklich eine Alternative. Sicher, wir haben weit mehr als den Anfang geschafft, aber wir können uns noch nicht zurücklehnen. 

sporttaucher: Du bist zu einer zweiten Amtszeit angetreten – inwiefern hat sich Dein Blick auf Deine Arbeit für den Leistungssport beim VDST gegenüber dem Beginn Deiner ersten Amtszeit verändert?
Antje: Als ich vor vier Jahren gewählt wurde, wusste ich nicht, was alles auf mich zukommen wird. In viele Themen musste ich mich erst einarbeiten und habe im Laufe dieser Jahre Einiges dazugelernt. Gemeinsam haben Peter (Carl, Anmerk. d. Red.)und ich eine gute Basis geschaffen, und mit Rüdiger  (Hüls, Anmerk. d. Red.) und Peter habe ich jetzt zwei Menschen an meiner Seite, die den Willen, das Können und das Ziel haben, den Leistungssport im VDST auf einer soliden, tragfähigen und zukunftsorientierten Grundlage weiter zu entwickeln. Nach der Hälfte des Weges sind auch die strukturellen Erfordernisse klarer und es zeichnen sich Konturen der künftigen Sportlandschaft deutlicher ab. Ich nenne hier nur die Drei-Ebenen-Struktur: Leistungs-, Wettkampf- und Breitensport, die weiter auszuarbeiten und konkret umzusetzen ist, und innerhalb derer bereits weitere Akteure Verantwortung übernommen haben. Dies zu sehen, macht Mut.

sporttaucher: Was hat Dich bisher bei Deiner Arbeit am meisten überrascht – positiv und negativ?
Mich hat positiv überrascht, mit welcher Hingabe und welchem Einsatz so viele in unserem Verband bereit sind, sich ehrenamtlich für den VDST, ihren Landesverband, ihren Verein, ihre Sportart und ihre Sportler einzusetzen. Irritierend und bedauerlich finde ich es, wenn Einige diesen ehrenamtlichen Aufwand für selbstverständlich halten, fordernd in Anspruch nehmen – und sogar feindselige Kampagnen in der Öffentlichkeit lostreten, mit denen sie nicht nur sich selbst disqualifizieren, sondern in Misskredit zu bringen suchen was für den Leistungssport im VDST aufgewendet wird – dessen finanzielle Ausstattung ausschließlich aus den Beiträgen aller Mitglieder stammt.

sporttaucher: Wo sind die größten Baustellen und was wäre nötig, um sie zu beheben. 
Antje: Nachdem die Traineraus- und -fortbildung endlich in einem ruhigeren Fahrwasser gelandet ist, widmen wir uns noch dem guten Start der VDST-Bundesleistungszentren, die 2019 als Reaktion auf die Tatsache ins Leben gerufen wurden, dass DOSB und BMI keine Bundesstützpunkte nichtolympischer Sportarten mehr anerkennen. Hier ist insbesondere das Thüringer BLZ Finswimming und Nachwuchs-BLZ Orientierungstauchen zu erwähnen, das neu gegründet wurde und als erster Flächenstützpunkt, mit drei Standorten (Weimar, Erfurt, Jena), eine neue Qualität und Herausforderung darstellt. Dass der VDST keinen Cent staatlicher Förderung bekommt, macht auch das Thema Finanzen bei uns zu einem Dauerbrenner. Wie eine Decke, die zu kurz ist: Man zuppelt hin und her, und bekommt trotzdem nicht alles abgedeckt. Beispiel UW-Hockey, die wahrscheinlich älteste Sportart im Rahmen der CMAS: Nun hat sie sich auch im VDST entwickelt und strebt nach Anerkennung – und nach einem Budget. Was beim Apnoe-Wettkampf für den Verband gerade noch machbar war, gerät bei dieser zweiten Mannschafts-Sportart, neben UW-Rugby, zu einer finanziellen Zerreißprobe, die wir noch nicht im Griff haben. Um auch nichts unversucht zu lassen, habe ich mich überzeugen lassen, auch beim DOSB in der Gruppe nichtolympischer Verbände für den VDST mitzuwirken. 

sporttaucher: Was kostet Dich bei Deiner Arbeit für den Leistungssport am meisten Zeit? 
Antje: Es sind die hohe Komplexität des Arbeitsfeldes und die Intensität der Prozesse, die das Ehrenamt etwas überfordern. Wenn dann noch statt konstruktiver Zusammenarbeit von einigen Akteuren statisch auf der „Ich-fordere-Rolle“ beharrt wird, dann wird ein effizientes Miteinander schier unmöglich. Das zu klären kostet nicht nur Nerven, sondern auch reichlich Zeit und Energie. Mitunter habe ich den Eindruck, dass Leute nicht auf dem Schirm haben, dass ich ehrenamtlich arbeite und nicht permanent im Stand-by Modus sein kann. Aber davon mal abgesehen, gibt es ja immer wieder auch „zeitraubende“ Ereignisse mit hoher Motivationswirkung. Ich habe mich beispielsweise sehr gern und ganz konkret an der Ausrichtung der Europameisterschaften 2019 im Orientierungstauchen am Störitzsee bei Berlin beteiligt. Das kameradschaftlich-konstruktive, entspannte Klima in dieser Sparte ist wohltuend, und man kann dabei fast vergessen, dass einem eigentlich die Zeit davonrennt …

sporttaucher: Wie verbindest Du Deine Arbeit als Künstlerin, Deine Tätigkeit als Geschäftsführerin eines Beratungsunternehmens, und Dein Leben mit Deiner Familie, mit der Arbeit für den VDST – lässt sich das überhaupt vereinbaren?
Antje: Es ist oft so, dass vor allem meine Familie zurückstecken muss. Viele Telefonate und Telekonferenzen finden abends statt, zu „Unzeiten“ kommen Anrufe. Tagungen, Sitzungen, Wettkämpfe undähnliches mehr sind fast immer am Wochenende! Aber nicht nur die Familie muss zurückstecken, auch meine Arbeit als Malerin. Hätte mir meine Familie nicht so zur Seite gestanden, wäre es beispielsweise unmöglich gewesen, rechtzeitig mit den Werken für meine Vernissage fertig zu werden. Auch tut es mir leid, für unsere eigenen Sportler im Verein nicht mehr das Maß an Zeit zu haben das sie verdienen. Es ist zwar eine kleine Gruppe, aber allesamt liebenswerte junge Leute, die trotz Altersunterschieden zusammenhalten, sich gegenseitig unterstützen und nichts von meiner Zuwendung für selbstverständlich halten, sondern im Gegenteil sehr viel auf ihre Weise zurückgeben. 

sporttaucher: Was ist Deine Vision für den Leistungssport im VDST? 
Antje: Ich weiß, wie wichtig es ist, dass junge Menschen die Möglichkeit bekommen, ihren Sport auf hohem und höchstem Niveau zu betreiben. Sie lernen dabei eine Menge über sich selbst und entwickeln ihre Persönlichkeit. Untrennbar dazu gehört für mich, dass sie soziale Kompetenz entwickeln und mit den Füßen auf dem Boden bleiben. Wir haben da einige ganz hervorragende Top-Athleten, und wenn man so etwas am konkreten Beispiel erlebt, kann man eine Gänsehaut kriegen vor Respekt. Das ist mein Fixstern, dafür lohnt es sich, weiter zu arbeiten. 

Das Interview mit Antje Franke führte Wolfgang Tress / Sparte UW-Rugby

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