LUFTNOT
Apnoetauchen – Freude am Erkunden der Unterwasserwelt mit angehaltenem Atem. In diesem Fall beendete ein bedrohlicher Zwischenfall das Tauchen.
An diesem Sonntag standen für die Apnoisten des Vereins die Prüfungstauchgänge für Apnoe** und Apnoe *** an.
Fehler 1
Unzureichende körperliche und seelische Fitness
Herbert, 46 Jahre und begeisterter Apnoe-taucher **, hatte eine „stressige“ Woche hinter sich, umso mehr freute er sich auf den erhofften dritten Stern. Er glaubte sich in Bestform, mit Ausnahme der Blutdruckwerte, die in den letzten Wochen deutlich erhöht waren. Außerdem hatte er wieder mit dem Rauchen angefangen, nicht viel, nur so zur Entspannung.
Fehler 2
Ehrgeiz in die Tiefe
Herbert war in seiner Prüfungsgruppe der älteste Apnoe-Taucher, aber er fühlte sich den jüngeren wegen seiner Erfahrung überlegen und wollte es den „Youngsters“ mal zeigen. Die beiden ersten Eingewöhnungstauchgänge auf zehn Meter klappten gut, sie wechselten sich als Sicherungstaucher in ihrer kleinen Dreier-Gruppe ab. Nach den Eingewöhnungstauchgängen sollte die 20-Meter-Tiefe erreicht werden, Herbert tauchte laut Tauchcomputer auf 24,6 Meter ab. Der nächste Abstieg sollte für ihn nach einer kurzen Ruhepause an diesem Vormittag auch der ***-Prüfungstauchgang werden. Später erinnerte er sich, dass er beim Abtauchen am Seil bei 16 Meter Beklemmungen über der Brust und ein bedrohliches Gefühl des Erstickens verspürte. Es gelang ihm noch die Wende zum Aufstieg, an das Zupacken beider Sicherungstaucher konnte er sich später nicht mehr erinnern.
Fehler 3
Fehldiagnose durch Fehlinformation
An der Wasseroberfläche hatte Herbert schwerste Atemnot. Die Sicherungstaucher riefen laut um Hilfe, zwei weitere Taucher zogen den Verunfallten an Land. Er konnte nur in halbsitzender Stellung ausreichend atmen. Sprechen war nicht möglich. Der Rettungsdienst wurde mit dem Hinweis auf Atemnot bei einem älteren Taucher alarmiert, „vielleicht ein Herzinfarkt…“
Beim Eintreffen des Notarztes hatte Herbert auch unter laufender Sauerstoffgabe stärkste Atemnot, er musste häufig rötlich eingefärbten Schaum abhusten. Seine Mittaucher teilten dem Notarzt mit, dass sie mehrfach getaucht seien, aber „ohne Gerät“ ! – und dass Herbert wohl seit langem unter Bluthochdruck leide und die Frage nach dem Rauchen auch mit Ja beantworteten. So erfolgte die Behandlung zunächst unter dem Verdacht auf ein akutes Herz-Kreislaufversagen mit Lungenödem bei Herzinfarkt.
Meyne: Fehleranalyse
Die durchgeführten Untersuchungen schlossen einen Herzinfarkt aus, dennoch zeigte das Röntgenbild der Lunge ein schweres Lungenödem (Bild 1) (Fehler 3). Die Entlassungsdiagnose hingegen lautete „Lungenunterdruck-Barotrauma“, Herbert war eigentlich herzgesund.
Die Rekonstruktion des Geschehens ließ vermuten, dass die wiederholten und in sehr kurzen Abständen aufeinanderfolgenden Tieftauchgänge in Apnoe eine Erschöpfung des Tauchers zur Folge hatten (Fehler 2). Diese körperliche Leistungsminderung wollte oder konnte Herbert nicht erkennen (Fehler 1). Sie könnte die Erklärung für eine unzureichende tiefe Inspiration sein, in deren Folge es zu einem relativen Lungenunterdruck mit der Folge des Flüssigkeitsaustritts in die Alveolen (intraalveoläres Lungenödem) gekommen war. Diskutiert wird in diesen Fällen auch ein Verlust der Lungendehnbarkeit (Compliance) und des „surfactant“-Faktors bei Wiederholungstauchgängen in Apnoe. Eine bedrohliche Situation kann durch Apnoetauchen in Exspiration (ausgeatmet) provoziert werden, auch in Schwimmbadtiefen.
Fazit
Apnoetauchen im „Grenzbereich“ kann auch für den geübten Apnoe-Sporttaucher gesundheitliche Risiken zur Folge haben, die sich aus eigener Überschätzung und Ehrgeiz zu lebensbedrohlichen Situationen entwickeln können. Bei einem Tauchzwischenfall nach Apnoetauchgängen ist eine möglichst präzise Tauchgangsbeschreibung den behandelnden Ärzten zu übermitteln. Kenntnisse der Tauchmedizin zur differenzierten Behandlung und zur Vermeidung von Fehldiagnosen sind unerläßlich. Die Tauchtauglichkeit – auch und gerade für das Apnoetauchen – muß durch eine umfassende gründliche Untersuchung überprüft werden.
UnserAutor:
Dr. med. Konrad Meyne
Stv. Bundesverbandsarzt
Internist – Taucherarzt
TL 2 – VDST-Hotlinearzt