SICHTWEISEN

In der Bildgestaltung ist die Perspektive vielleicht das elementarste Mittel. Herbert Frei beschreibt, wie man sie einsetzt.


Merksätze
* Auf der Suche nach Motiven immer überlegen, ob man diese besser horizontal oder vertikal aufnehmen sollte.
* Wenn es sich um mobile Motive (Fische) handelt, die Blitze vorher ausrichten.
* An festsitzenden Motiven (Korallen) die vertikale Bildgestaltung üben.
* Wer mit einem 45°-Schrägsucher arbeitet, muss diesen so drehen, dass man vertikal hineinschauen kann oder das Gehäuse zirzensisch schwenken. 
* Auf Monitoren wirken hochformative Bilder nicht so gut wie quer gestaltete. Das Bildformat 16:9 (TV-Format) ist für vertikale Ansichten wegen seiner extremen Proportionen nur bedingt geeignet.
* Hochformatige Bilder benötigt man häufig in Printmagazinen. Unter Umständen auch für den Titel.


Leicht macht es einem die Perspektive nicht, denn sie lässt sich in diverse Unterschiede einteilen, die zwar alle nach den Gesetzen der Perspektive arbeiten, aber doch so verschieden sind. Perspektive ist ein vieldeutiger Begriff. In der Fotografie versteht man darunter die zweidimensionale Abbildung dreidimensionaler Objekte. Nach einer mathematisch-optischen Definition sind es demzufolge Darstellungen räumlicher Verhältnisse und Motive. Ansprechende Weitwinkelbilder, vor denen man gerne länger verweilt, haben näher betrachtet, meistens ein gewisses perspektivisches Flair. Daraus geht hervor, dass eine gewagte und ungewöhnliche Perspektive das Interesse an einer Aufnahme ungemein steigern kann. Resultierend kann man sagen, dass Aufnahmestandort und Bildwinkel enormen Anteil an der Bildwirkung haben. Sie sind ebenso wichtig wie Farbe, Grafik, Schärfe und Kontrast. Keinen Einfluss hat die Perspektive auf die kameraseitigen Parameter wie Zeit, Blende und ISO. Allerdings sind sie wichtig für die Bildqualität. Die Bezeichnung Perspektive ist vom lateinischen Wort „perspicere (hindurchsehen)“ abgeleitet. Definiert ist die Perspektive durch das Abstandsverhältnis der zu fotografierenden Objekte in Bezug auf den Standort des Fotografen. Man spricht deshalb auch von Zentral- oder Fluchtpunktperspektive. Alle Objektive außer den Fisheyes bilden nach diesem Gesichtspunkt ab. Das heißt., alle bildbestimmenden Linien treffen sich in einem Punkt. Abweichend davon spricht man von Parallelperspektive, wenn man flächige Objekte wie eine Korallenwand ablichtet. Hier gibt es quasi keinen Vordergrund und deshalb auch keine relevanten Fluchtlinien und ebenso keinen Fluchtpunkt. Kann man die perspektivische Kontrolle über eine Aufnahme erlangen? Schwierig, weil man an gegebenen Tatsachen nichts ändern kann. Die Sonne scheint oder auch nicht, das Motiv – sofern es ein Fisch ist – macht mitunter, was es will, die Sicht ist mal gut mal schlecht. Aber man kann, wenn auch nicht immer, versuchen seinen Standpunkt zu ändern. Dann kann aus einem langweiligen Bild ein sehenswerter Schuss werden. So müssen Fluchtpunkte nicht immer zentral von vorne nach hinten verlaufen. Auch Diagonalperspektiven haben ihren Reiz, weil sie zwei Fluchtpunkte vereinen können. Nicht umsonst gilt in der UW-Fotografie der geflügelte Satz: Näher ran bringt die besseren Bilder. Diese werden aber nicht nur klarer und brillanter, weil die Wassersäule vor der Kamera kleiner wird, auch die Perspektive profitiert von dieser Maßnahme, weil eine Bildverdichtung stattfindet. In Kombination mit der passenden Brennweite, der Kameraneigung oder Drehung und dem geeigneten Sensorformat schafft man über diese Einflussgrößen fotografische Sehnsuchtsräume. Deshalb gilt die Prämisse: Wenn es das Motiv zulässt, sollte man es aus unterschiedlicher Perspektive ablichten. Also den Standort, wenn auch geringfügig, so doch unter Umständen bildentscheidend verändern. Denn das Motiv ist zwar dasselbe, hat aber nicht die gleiche optische Wirkung. Hier kommen auch Wetter und Tageszeit mit ins Spiel. Wo die Sonne steht, ist ein wesentliches Bildgestaltungsmerkmal, das man an Land allerdings leichter für sich in Anspruch nehmen kann als unter Wasser. Man merke sich: Wer dem Standpunkt zu wenig Aufmerksamkeit beimisst, hat das Wesen der Perspektive nicht verstanden. Denn der perfekte Moment wird häufig verpennt.  

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