INTERVIEW: JOHANNA SCHIKORA
Johanna
Schikora
Sportsoldatin und
Finswimmerin
Für die Redaktion des VDST-Sporttauchers sprachen wir mit der Doppelweltmeisterin und Europarekordhalterin Johanna Schikora aus Berlin. Seit 2017 gehört die Sportsoldatin und bald Studentin sowohl zur deutschen als auch zur internationalen Spitze im Finswimming (FS). Das harte und manchmal einsame Training im letzten Jahr hat sie nicht müde gemacht, ihr nicht die Motivation und den Spaß an der Bewegung im Wasser genommen. Im Gegenteil. In diesem Jahr hat sich die 19-Jährige einen Traum erfüllt. Bei den Weltmeisterschaften im russischen Tomsk feierte Johanna nach neun internationalen Medaillen in der Jugend und drei EM-Medaillen ihren größten Triumph. Sie erkämpfte sich sensationell zwei Weltmeistertitel über 800 und 1500 Meter FS.
VDST sporttaucher: Du hast dir die Saison 2020 und 2021 sicherlich anders vorgestellt. Waren die Wettkampfabsagen ein Schock für dich? Wie bist du damit umgegangen und woher hast du die Motivation zu trainieren genommen?
Johanna Schikora: Als ich im September Teil der Sportfördergruppe der Bundeswehr wurde, habe ich mir meine Zeit als Sportsoldatin natürlich anders erhofft. Trotzdem waren die Wettkampfabsagen für mich absolut nachvollziehbar und deshalb keine Überraschung, sondern eine logische Konsequenz. Das hat mich aber nicht vom Training abgehalten, eher im Gegenteil. Ich wusste, dass der Sport eine feste Konstante in meinem Leben ist und Halt in dieser unsicheren Zeit geben kann. So hat mich das Training sehr gut durch die Zeit gebracht. Natürlich war ich nicht immer motiviert, besonders, wenn ich schon wieder alleine trainieren musste. Aber so etwas ist menschlich. Das hat jeder. Wichtig ist, wie man damit umgeht und ob man am Ende trotzdem weitermacht.
sporttaucher: Hast du manchmal mit Wehmut in Richtung Ukraine oder Russland geschaut, wo weder weniger trainiert worden ist noch nationale Wettkämpfe ausgefallen sind?
Johanna: Ja, die Wettkämpfe in anderen Nationen habe ich verfolgt und wäre gern dabei gewesen. Wir haben, so oft es ging, Trainingswettkämpfe veranstaltet, wo ich einige sehr gute Leistungen abliefern konnte. Aber es ist natürlich nicht das gleiche wie ein richtiger Wettkampf
sporttaucher: Du bist als Europarekordhalterin nach Tomsk angereist. Diese Leistung lag aufgrund der Pandemie 15 Monate zurück. Hat dich das nervös gemacht oder eher angespornt?
Johanna: Auf den längeren Strecken war ich dieses Jahr tatsächlich sehr entspannt. Mein größtes Ziel war es, mich für die World Games zu qualifizieren. Das habe ich direkt am ersten Tag über die 400 Meter erledigt, und da 800 Meter und 1500 Meter keine World Games-Strecken sind, fühlte ich mich dort weniger unter Druck gesetzt. Ich wusste, was ich kann, da ich auch in den letzten 15 Monaten unter verschiedensten Bedingungen unter 7 Minuten schwimmen konnte. Ich bin also an den Start gegangen nach dem Motto: „Mal gucken, was geht.“
sporttaucher: Du hast bei der WM zwei Goldmedaillen geholt. Was hast du auf den letzten Metern und direkt nach dem Anschlag gedacht? Denkst du in diesem Augenblick überhaupt oder genießt du nur?
Johanna: Auf den letzten Metern schalte ich immer mein Gehirn aus und gebe meine ganze restliche Energie in meine Muskulatur. Die Taktikspielchen sind auf der letzten Bahn vorbei, dort geht es darum, wer dem Druck jetzt noch standhalten kann. Direkt nach dem Anschlag genieße ich meistens und denke nicht viel. Ich kann mich auch nicht mehr an alles erinnern. Ich weiß nur noch einen Gedanken, der bei beiden Rennen kam: „Johanna, wenn du bis zum Ende kämpfst, kannst du alles schaffen.“
sporttaucher: Wie geht es dir jetzt nach Abschluss der Wettkämpfe? Was hast du im kommenden Jahr vor?
Johanna: Ich musste den Wettkampf tatsächlich ziemlich lange verarbeiten. Es war in vielerlei Hinsicht eine Grenzerfahrung, die ich so noch nicht erlebt habe. Ich denke, so richtig bin ich damit immer noch nicht fertig. Gleichzeitig freue ich mich sehr auf das kommende Jahr, denn dort habe ich vor, mit meinem Studium zu beginnen. Ich interessiere mich sehr für Psychologie, vor allem in sportlicher Hinsicht. Ich lese viel darüber und möchte nun endlich anfangen zu studieren. Ich bleibe weiterhin in der Sportfördergruppe, wobei der Fokus nun auf der Vorbereitung für die World Games liegt. Ich freue mich schon sehr auf die nächste Zeit.
Medallien im fin swimming:
Disziplin
Max Poschart 100 FS GOLD
Max Poschart 50 FS SILBER
Johanna Schikora 1500 FS GOLD
Johanna Schikora 800 FS GOLD
Elena Poschart 1500 FS BRONZE
Rober Golenia, Justus Mörstedt, 4 x 200 FS BRONZE
Max Poschart Sidney Zeuner
Robert Golenia, Justus Mörstedt, 4 x100 FS SILBER
Max Poschart, Sidney Zeuner
Unsere Autorin:
Christine Müller
Pressereferentin
Flossenschwimmen