DIE GEZEITENTAUCHER

Wracktauchen für Unerschrockene in  Der Nordsee



Als Oliver Hirsch vor zwölf Jahren von England an die Nordsee zog, um eine Apotheke in Emden zu übernehmen, verstand er die örtliche Tauchszene nicht. „Warum taucht hier niemand im Meer- es liegt doch direkt vor der Haustüre und unzählige Wracks warten darauf, erforscht zu werden?“ In England lernte er genau dies – in der Nordsee zu tauchen und den Gezeiten zu trotzen. Seit 2007 gibt es nun eine kleine Gruppe VDST Taucher- die „Gezeitentaucher“. Ihr Ziel: das Finden und Erforschen der unzähligen Wracks rund um Norderney. Dabei kommt ihnen ein wichtiger Umstand zugute. Die Seeschifffahrtsrinne wurde vor vielen Jahren weiter nach Norden verlegt, sodass eine Reihe von Wracks der „alten Route“ nun offiziell betaucht werden können.
Im Juli 2019, exakt 75 Jahre nach dem Untergang, finden die Gezeitentaucher das bisher vermisste Wrack des Vorpostenbootes V812. Das Schiff hatte einen Maschinenschaden und wurde von einem weiteren Vorpostenboot, der V810, geschleppt. Am 22. Juli 1944 wurden beide Schiffe von britischen Kampfbombern angegriffen und versenkt. V812 blieb seitdem verschollen. Vorpostenboote waren im Krieg umgebaute Hochseefischtrawler- ausgerüstet mit einer Reihe von Geschützen.

Ein toller Erfolg der Gezeitentaucher, nachdem sie bereits vor vielen Jahren das Wrack der SS Elsa mit wissenschaftlichen Methoden identifiziert hatten.  Das Dampfschiff Elsa war mit einer Ladung Kohle von Danzig aus in das französische Cherbourg unterwegs und sank  am 1. Dezember 1936 vor Norderney in schwerem Sturm. Die Gezeitentaucher gaben sich damit allerdings nicht zufrieden. Daraus wurde eine bewegende Story. Sie suchten Nachfahren des damaligen Kapitäns Ernst Weitendorf aus Rostock und wurden fündig. Ein Enkel besaß weitere Unterlagen und handschriftliche Memoiren von Kapitän Weitendorf, der bis ins hohe Alter das DDR-Segelschulschiff „Wilhelm Pieck“ geleitet hatte. Die Aufzeichnungen zeigen die Dramatik der Ereignisse:  Einer der beiden Überlebenden Besatzungsmitglieder schilderte im Detail den Untergang. Demnach riss eine heftige Welle die Brücke der Elsa komplett weg. Die Besatzung nahm die Hilfe eines anderen Schiffes nicht an- ein fataler Fehler. Sie versuchten 90 Minuten die Elsa selbst zu retten. Schließlich siegten die Naturgewalten. Die Elsa wurde manövrierunfähig, Wellen schlugen die Luken ein und der Untergang war nicht mehr zu vermeiden. Von der zwölfköpfigen Mannschaft überlebten nur zwei.

„Schiffswracks erzählen Schicksale“, sagt Holger Buss „umso wichtiger ist der Umgang mit den Funden. Wir dokumentieren, fotografieren und filmen- nehmen aber nichts mit nach oben.“ Dabei setzen sie modernste Technik ein- entwickelten sogar eine Elektronik zur Aufzeichnung der Strömung an den Wracks, da die Tidenkalender keine Gewähr für strömungsfreies Tauchen ermöglichte.

Sie entwickelten Sicherheitskonzepte zum Tauchen im schwierigen Gewässern wie der Nordsee. „Das Wetter muss passen“, sagt Thorsten Bakker „ab Windstärke 4 wird es schon sehr kritisch.“ .Jede Gruppe führt ein druckdichtes Funkgerät mit, da sich das Wetter schnell ändern kann. Es ist einfach faszinierend zu sehen, welche Spezialisten wir im VDST haben

Unser Autor:
Frank Ostheimer
Stellvertretender Bundesausbildungsleiter





Die Gezeitentaucher
Die Profis veröffentlichten ihr erstes Buch – welches über den VDST-Shop zu beziehen ist.









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